[Film] The Imitation Game (2014 GB/US)

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„Was ist, wenn nur eine Maschine eine andere Maschine besiegen kann?“

Schwierig, schwierig…
Auf der einen Seite sehe ich in Morten Tyldums The Imitation Game einen glattgebügelten, handwerklich perfekten Film, auf der anderen Seite jedoch konnte er mich kaum so mitreißen, wie ich es mir im Vorfeld erhofft hatte. Das auf einen Nenner zu bringen fällt mir dabei reichlich schwer.

Wie gesagt, jeder am Film Beteiligte versteht sein Handwerk. Der wunderbar schmiegsame Soundtrack von Alexandre Desplat greift bereits in den ersten Minuten und die Bildsprache wirkt butterweich. Auch besetzungstechnisch unterläuft dem Film keinerlei Fehler, alle Darsteller agieren äußerst zufriedenstellend und gekonnt in ihren Rollen. Zwar präsentiert Benedict Cumberbatch auch hier als Alan Turing wieder seinen sehr dominanten und ebenso brillianten Stil und vermag dabei strahlend hell zu glänzen, doch das würde ohne seine Schauspielkollegen nich so aufgehen, wie es in diesem Biopic passiert. Die wunderbar aufspielende Keira Knightley unterstützt ihn als Joan Clarke auf genau dieselbe Art und Weise, wie schon Felicity Jones Eddie Redmayne in Die Entdeckung der Unendlichkeit. Ohne diese stützende Funktion Knightleys würde ein wesentlich wichtiger Teil im Gesamtkonzept fehlen. Genauso ohne Matthew Goode, der hier als Hugh Alexander den geerdeten Gegenpol zum sozial schüchternen Alan Turing auftritt, und dem ganzen namhaften Rest: Von Mark Strong (hübscher Anzug übrigens!) über Charles Dance hin zu Rory Kinnear. Bis hierhin macht Morten Tyldum alles richtig.
Er zeigt uns das Mathematikgenie Alan Turing mit all seinen verschrobenen Eigenheiten, seiner Hingebung an die ENIGMA-Entschlüsselung und Mathematik allgemein, ebenso wie die Folgen seiner, zu jener Zeit von der Gesellschaft absolut intolerierten Homosexualität, nutzt dabei nur selten die Brechstange um zu zeigen, wie schwer es Turing in seinem gesamten Leben hatte und kreiert ein Portrait, welches ohne eine einzige spürbare Länge abläuft. Und „ablaufen“ ist hier das Stichwort.
Leider gelingt es dem Film nur an wenigen Stellen wirklich zu berühren. Das mag einerseits den leicht strapaziös anmutenden künstlerischen Freiheiten des Drehbuchs geschuldet sein (gerade die großen Durchbrüche in den Wirren des Krieges waren weniger dem Talent, sondern mehr dem Zufall geschuldet wie mir scheint, von etwaigen historischen Ungereimtheiten mal abgesehen), auf der anderen Seite funkt es viel zu selten, als dass ich mich wirklich zum mitfiebern eingeladen fühlte.

Vielleicht fehlt es mir an der Mut der Filmemacher, hier eben nicht so zu arbeiten, dass man ständig den Eindruck bekommen könnte, sie würden mit dem einen Auge auf den Oscar schielen. Die wirklich griffigen Szenen, auf die ich meine nicht gerade kleinen Erwartungen aufgebaut hatte, können die Geschichte zwar ordentlich ausbessern und zum Nachdenken anregen, doch was habe ich mir mehr davon gewünscht. Cumberbatch, dem ich sowieso von Anfang an an den Lippen hing, spielt einen so komplexen Charakter als wäre es lediglich eine Fingerübung für ihn und doch… ach ich weiß es doch auch nicht. Es liegt ja nicht mal an ihm, dass es einfach nicht so klappt wie ich will.

Etwas, dass ich dem Film allerdings formal ankreiden kann, sind die willkürlich eingeworfen wirkenden Zeitsprünge, die es mir schwer gemacht haben, das Geschen der jeweiligen Zeitebene zuzuordnen. Gerade der Handlungsstrang mit dem Detective hat es dadurch nicht leicht. Was im Verlauf aber auch gar nicht mehr so schlimm ist, denn in eben diesen Szenen schimmert die ganze Klasse und auch das vorhandene Potenzial des Films hindurch.

Filmisch ist The Imitation Game die erreichte Perfektion, erzählerische Feinheiten hätten dieses Biopic über den Urvater des Computers, Alan Turing, in den Himmel stemmen können. Leider gelingt dies Morten Tyldum nicht, weshalb lediglich ein grundsolider Film am Ende steht. Was dann doch irgendwo enttäuscht.
Mal sehen was die Zweitsichtung kommenden Freitag ergibt.

7/10 Punkte

The-Imitation-Game-PosterThe Imitation Game
Jahr: 2014 GB/US
Regie: Morten Tyldum | Drehbuch: Graham Moore (liter. Vorlage: Andrew Hodges)
Cast:
Benedict Cumberbatch, Keira Knightley, Matthew Goode, Mark Strong, Charles Dance, Allen Leech, Matthew Beard, Rory Kinnear, Alex Lawther, Jack Bannon, Victoria Wicks, Tuppence Middleton, James Northcote, Steven Waddington

Bilder via: impawards.com; flicksandbits.com; collider.com; servingcinema.com; brightestyoungthings.com; corkfilmfest.org; theimitationgamemovie.com; diepresse.com

14 Kommentare zu „[Film] The Imitation Game (2014 GB/US)“

  1. Ja, das ist irgendwie genau der Grund, warum ich mich noch nicht an die Kritik zu dem Film gewagt habe (naja, ich habe auch ein Zeitproblem, aber „American Sniper“ hatte ich NACH „The Imitation Game“ gesehen und musste doch zuerst darüber schreiben) – ich kann ganz schwer benennen, was mir am Film gefehlt hat für den ganz großen Wurf. Vielleicht muss ich ihn mir doch auch noch ein zweites Mal ansehen…

    Emotional gepackt hat mich allerdings die letzte Szene zwischen Turing und Joane!

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    1. Auf „American Sniper“ hatte ich eigentlich total Bock, dann folgte aber die Flut an negativer Kritik. Werde wohl vorerst passen müssen…
      „The Imitation Game“ bietet ja eigt. alles: Tragik, Humor, Spannung, ausgezeichnete Darsteller, eine interessante Geschichte, etc. pp.
      aber am Ende steht einfach nur ein „hmmm… ja.“.

      Die Szenen zwischen den beiden generell habe ich gemocht. Oder aber die Rückblende auf den jungen Alan beim Schulleiter… Wirklich schade dass das alles erst zum Schluss kam. Bei den Texteinblendungen gabs auch nicht nur den Kloß im Hals…

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    1. Ach stimmt ja! Dachte der läuft schon. Aktuell komme ich mit den geplanten Kinobesuchen schon gar nicht mehr hinterher…
      Vielleicht gehe ich ja doch rein, aber die Erwartungshaltung ist schon arg getrübt. In der Zwischenzeit werde ich mir mal deine Kritik anschauen.

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  2. Ich würde ja behaupten, glattgebügelt und wenig mitreißend passen doch sehr gut zusammen. ;-) Alles in allem sehr genau mein Eindruck, scheinbar auch ein recht verbreiteter. Zu viel gewollt, zu wenig gewagt.

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  3. Der Film wirkte auf mich sehr bedacht alle Punkte der „Das ist wichtig um bei den Osars möglichst viel Beachtung zu erhalten-Liste“ abzuhaken. Handwerklich natürlich auf höchstem Niveau, wirklich vorwerfen kann man da keinem Beteiligten einen schlechten Job gemacht zu haben. Hast da auch mein Empfinden ziemlich genau mit getroffen.

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