Es geht gerade etwas behäbig zu, ich weiß. Allerdings schaffe ich es derzeit weder oft an den Rechner, geschweige denn oft genug ins Kino. Dabei laufen derzeit soo viele Filme, dass ich gar nicht mehr hinterherkomme. Nun denn. Damit hier kein Stillstand herrscht und ich den Betrieb nach einem kleinen Fahrradunfall wieder aufnehmen kann, gibt es zur Einstimmung einen meiner liebsten Hongkong-Actioner: The Beast Stalker!
Jeder kennt sie, jeder hat sie: Filme zu denen man immer wieder zurückkehren kann, ohne dass sie über die vergangene Zeit, bzw. seit dem letzten Mal an „Magie“ eingebüßt haben. Man fühlt sich einfach wohl, wenn die schon bekannten Bilder immer und immer wieder auf’s Neue über den Bildschirm flimmern. Zwar bietet dieser Film alles andere als Wohlfühlkino und dennoch: Ich fühle mich jedes Mal verdammt wohl, wenn ich bei diesem Streifen bis zum Ende mitfiebere.
Als sich bei einem Routineeinsatz der Hongkonger Polizei Kollateralschäden ergeben, quittiert Sergeant Tong (Nicholas Tse) den Dienst und versinkt in Schuldgefühlen. Als jedoch plötzlich die kleine Tochter der Staatsanwältin Gao Min (Zhang Jingchu) als Druckmittel entführt wird, muss sich Tong seinen Fehlern aus der Vergangenheit stellen. Er sucht die Kleine und kommt einem Typen auf die Spur, der den Entführungsjob nicht zum ersten Mal ausführt…
Dante Lams Beast Stalker vereint alle Aspekte eines hochgradig spannenden Thrillers, für die ich das HK-Kino so sehr liebe. Unterschiedliche Erzählstränge, die nach und nach sorgsam miteinander verwoben werden und erst im letzten Augenblick den fertigen roten Faden bilden, einen seelisch versehrten Protagonisten mit dem man sympathisieren kann, auch wenn er so seine Macken hat, eine ausbalancierte Handlung gemischt mit harter Action, die lediglich als stilvolle Ergänzung dient, ohne auch nur Gefahr zu laufen, zu einem sinnfreien Actionspektakel zu verkommen. Und noch so vieles mehr.
Was Beast Stalker jedoch von vielen anderen Produktionen abhebt, ist die Fähigkeit sich mittels einer einzigen Situation eine dermaßen emotionale Ebene aufzubauen, die den Zuschauer bis zum Ende nicht mehr loslässt. Es braucht nicht viel, aber innerhalb kürzester Zeit geht man mit Sergeant Tong (Nicolas Tse) durch die Hölle und zurück, um die kleine Ling zu retten und sich selbst von seinem furchtbaren, im Dienst erlittenen Schuldgefühl zu befreien. Nicholas Tse nimmt man den von Reue geplagten Cop vollkommen ab. Er trägt den Film auf schmalen Schultern und spielt den innerlich zerrissenen Mann so herzergreifend, dass man inständig hofft, dass er die Kleine findet. Er hat sich sowieso schon längst zu einem meiner Favoriten des Genres gemausert. Hier darf er diesen Status erneut untermauern.
Ihm gegenüber gesellt sich Nick Cheung als Entführer. Wirklich wirksam wird seine Figur zwar erst in den letzten Momenten des Films, wenn sich auch wirklich die aller letzten Fragen klären, aber auch sonst spielt er seine Rolle gut, ohne jetzt zu viel zu verraten.
Aber mal ehrlich: Heldin des Films ist ja wohl die kleine Wong Suet-yin als entführte Ling. Es zerreißt einen ja förmlich, wie man einem so süßen Kind so etwas antun kann. Fantastisches Spiel, wovon sich Hollywoods Jungschauspieler gerne mehrere Scheiben abschneiden sollten. Süß, zerbrechlich und auch nicht die ganze Zeit am rumplärren wie man es von so vielen anderen Produktionen gewohnt ist.
Der Cast ist insgesamt gelungen, ebenso die Synchro. Naja gut, Tongs Ausraster zu Beginn wirkt dadurch bedingt doch etwas komisch, aber trotzdem effizient.
Regisseur Dante Lam (The Viral Factor) spendiert dem Film eine ungemein starke Spannungskurve und obwohl mir der Ausgang schon längst bekannt war, ertappte ich mich immer wieder beim hoffen und bangen. Das Tempo ist zwar nicht durchgehend auf Vollgas getrimmt, wird hier aber auch nicht benötigt. Denn die Atmosphäre ist durch die Bilder eines dunklen und dreckigen urbanen Settings, im Wechsel mit angenehmen Farbspiel ohne zu hohen Kontrast schon spannungsgeladen genug. Unterstützt wird das Ganze noch von einem mal dominierenden Score der bspw. die Anspannung beim Stürmen einer Wohnung wunderbar in den Ohren klingeln lässt, oder nur sachte die augenblickliche Situation unterstützt.
Beast Stalker ist ein verdammt effizienter, druckvoller und dramatischer Thrill ohne Firlefanz, dessen Stil man mögen und auch damit zurechtkommen muss. Wenn man sich jedoch darauf einlassen kann, dann offenbart sich dem Zuschauer eine wahre Perle des HK-Thrillerkinos, dem leider viel zu wenig Aufmerksamkeit zu Teil wird.
9/10 Punkte
The Beast Stalker [證人]
Jahr: 2008 HK
Regie: Dante Lam | Drehbuch: (+) Ng Wau-lun
Cast:
Nicholas Tse, Nick Cheung, Zhang Jingchu, Miao Pu, Liu Kai-chi, Sherman Chung, Kwok Jing-hung, Wong Suet-yin, Wong Sum-yin
Teaser Trailer (orig. mit engl. UT):
Bilder via: justpressplay.net; dvdbeaver.com; cineplex.com; rowthree.com
den merk ich mir mal vor :D
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Mit Dante Lam-Filmen macht man selten was verkehrt ;)
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hm, von dem hab ich ehrlich gesagt noch nie was gehört :D geht der stilistisch in Richtung Oldboy?
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Nein, Lam fährt die Actionschiene, schafft es aber eine fesselnde Geschichte nebenbei zu erzählen. Wobei hier die Handlung zentral ist. In „The Viral Factor“ bspw. ist es gerade anders herum.
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