[Film] Lautlos im Weltraum (1972 US)

Lautlos-im-Weltraum---Header22-(via-hopelies.com)Die Erde ist ein unwirtlicher Ort geworden, alle Pflanzen sind nicht mehr lebensfähig. Auf einer Rettungsmission im All, bei der Raumschiffe dazu genutzt werden, in Arche Noah-Manier die letzten Pflanzen und Tiere so lange am Leben zu erhalten, dass sie irgendwann auf der Erde wieder gedeihen und leben können, muss Astronaut Freeman Lowell (Bruce Dern) eine folgenschwere Entscheidung treffen.

Lautlos im Weltraum, ein dystopischer postapokalyptischer düsterer Science Fiction-Film, der mit Idealen spielt und einen unheimlichen Blick in die Zukunft wirft.

Dabei entwickelt sich das Regiedebüt von Spezialeffekteass Douglas Trumbull (u.a. für 2001: Odyssee im Weltraum) gemächlich. Äußerst gemächlich sogar. Er stellt uns die vierköpfige Mannschaft vor, speist nur gelegentliche Erklärungen zur Situation auf der Erde ein und lebt von seiner unterschwelligen Spannung. Der Zuschauer wird vor den Kopf gestoßen und sieht sich genauso wie Protagonist Freeman Lowell vor vollendete Tatsachen gestellt. Er, der sich einzig und allein der Aufgabe verschrieben hat, die Flora und Fauna zu schützen und Sie, die Anderen, die nach vollkommen gegensätzlichen Idealen leben. Die Natur von der Technik längst abgelöst, Nahrung als synthetischer Fraß. Und überhaupt: Wozu braucht es denn Pflanzen und warum sollen sie acht Jahre auf einer, ihrer Meinung nach, vollkommen unsinnigen Raummission ausharren? Da ist die Freude groß, als es heißt sie können auf die Erde zurückkehren – die Raumschiffe werden wieder für kommerzielle Zwecke benötigt.

Lautlos im Weltraum ist eine bittere Zukunftsversion, die rein im Kopf entsteht. Ideale, welche aufeinander prallen, und heute vermutlich aktueller denn je sind. Die Gespräche zwischen Freeman und der restlichen Besatzung sind niederschmetternd und doch so ehrlich in ihrem Kern. Diese Verbohrtheit der Männer die nicht einen einzigen Gedanken daran verschwenden, was es heißt über nasse Wiesen zu laufen oder das Rascheln der Blätter im Wind zu hören. Die schon so weit vom Leben weg sind, dass sie frische Nahrung ablehnen und ihre Herkunft als „Dreck“ bezeichnen. Unangenehm wird es erst, wenn man bedenkt dass der Film 1972 veröffentlicht wurde und man sich überlegt, wie weit die Menschheit heute ist. Genmais, Hybridgemüse… so unrealistisch ist das Thema gar nicht mehr, 43 Jahre später.
Bemerkenswert ist übrigens auch die Tricktechnik sowie das Gespür für ansprechende Bilder. Zwar darf sich Bruce Dern öfters in gnadenlosem Overacting verdingen, aber dann gibt es wieder so Momente, die einfach nur gut sind. Momente, die die damaligen Möglichkeiten vollends ausschöpfen und einem kleinen Roboter so viel Leben und Gefühl verleihen, dass sich heutige Produktionen locker ein oder zwei Scheiben davon abschneiden könnten. Wenn Lowell seine beiden Roboter auf die Namen Dewey und Huey tauft, ihnen diverse Programmierungen eintrichtert und sich dann mit ihnen hinsetzt und gegen ihre Pokerfaces antritt… dann kommt man um ein Schmunzeln nur schwer herum. Wenn die beiden mechanischen Kumpanen treudoof hinter ihrem Chef hinterhertrotten und sich mit den einfachsten Mitteln verständigen, dann zeigt sich in diesen Szenen ein gefühlvoller Umgang zwischen Mensch und Maschine, wie er hier nicht einmal zwischen Menschen untereinander möglich ist. Die Roboter entwickeln eine emotionale Präsenz, bei der selbst Bruce Dern das Nachsehen hat. Und das macht Lautlos im Weltraum trotz seiner recht eintönigen Art so sehenswert, neben seiner vielleicht etwas dröge umgesetzten, aber nichtsdestotrotz nachdenklich stimmenden Botschaft.

„Hach, du bist ein Träumer!“
„Und findest du’s nicht an der Zeit, dass mal wieder einer einen Traum hat, häh!? Glaubst du nicht, dass es Zeit wird, dass mal wieder einer Interesse an einem Traum hat!?“

Am Ende muss Freeman das einzige tun, dass seine Mission und einen Teil der Vergangenheit der Erde rettet. Auch wenn es bedeutet Grenzen zu überschreiten, um andere Grenzen zu meiden. Doch am Ende siegt die Stille. Und es wird Lautlos im Weltraum.

6/10 Punkte

Lautlos-im-Weltraum---poster-(via-kinoservice.de)Lautlos im Weltraum [Silent Running]
Jahr: 1972 US
Regie: Douglas Trumbull | Drehbuch: Deric Washburn, Michael Cimino, Steven Bochco
Cast:
Bruce Dern, Ron Rifkin, Cliff Potts, Jesse Vint

Trailer (orig.):

Bilder via webdebris.com; hopelies.com [+eigene Bearbeitung]; ptsnob.com; kinoservice.de

8 Kommentare zu „[Film] Lautlos im Weltraum (1972 US)“

  1. Steht schon lange auf meiner Liste. Hatte vor ein paar Jahren einige Genre-Klassiker gesichtet als ich auf Quellensuche für meine Diss war. Darunter waren Genre-Perlen wie LOGANS RUN oder ZARDOZ.

    Jetzt muss ich (als Klugscheisser!) aber nachhaken: Gibt es innerhalb des Fimszenarios einen totalitären Negativstaat?

    Denn: Eine Dystopie (oder Antiutopie oder Gegenutopie) zeichnet sich (im Gegensatz zu einer Utopie) dadurch aus, dass soziale Tendenzen derart extrapoliert (und überzeichnet) dargestellt werden, dass eine unterdrückte Gesellschaftsform entsteht. Vorbilder hat man in den klassischen Romanen WE, A BRAVE NEW WORLD, NINETENN-EIGHTYFOUR oder FAHRENHEIT 451. Im popkulturelllen Bereich wären V FOR VENDETTA oder THE MATRIX prototypisch.

    Davon zu unterscheiden sind vor allem Postapokalypsen (hier hat eine Katastrophe die Welt umgewälzt) oder düstere Zukunftsvisionen ohne gesamtgesellschaftliche Auswirkungen. Diese beiden Genres sind natürlich eng verwandt mit Dystopien und manchmal werden die Genres auch vermischt.

    Ich sprech das nur mal, weil der Begriff leider of falsch verwendet wir ;-)

    Gefällt 1 Person

    1. Und erwischt… danke für die Aufklärung! Dann muss ich meine Aussage revidieren und „Lautlos im Weltraum“ als postapokalyptische düstere Zukunftsversion betiteln, mit leichtem Hang zur Dystopie. Die unterdrückte Gesellschaftsform lässt sich allerdings sehr gut auf Lowell anwenden, der als einziger noch an den Pflanzen hängt und von seinen Kollegen derart unterdrückt wird, dass er folgenschwere Entscheidungen treffen muss. Ist schwer zu beschreiben, aber um ihn als reine Dystopie zu betiteln erfährt man dann doch zu wenig über die Umstände und es wäre wohl etwas zu überzogen.

      Ach iwo, ich finde sowas gut! Will ja auch noch ein bisschen was lernen. ;)

      Gefällt 1 Person

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