[Games] Heavy Rain (2010)

Heavy-Rain---Cover-(via-gamereactor.de)Heavy Rain. Ein Spiel, welches 2010 vollkommen neue Maßstäbe in Sachen Gaming aufstellen sollte und auch heute noch Kultstatus genießt. Denn hier steht einzig und allein die Geschichte im Vordergrund. Vor allem anderen. Die Jagd nach dem Origami-Killer, der acht unschuldige Jungen entführt, ermordet und eine Origamifigur hinterlässt. Doch bei Ethan, einem von Schuldgefühlen geplagten Vater, ist es anders: Er muss sich Prüfungen stellen, die sich mit der Frage nach Moral und Ethik beschäftigen: Wie weit würdest du gehen, um deine Liebsten zu schützen?

Das Spiel:

Und genau hier setzt das Spiel an. Mehr als ein interaktiver Film schickt es den Spieler auf einen schwer verdaulichen Trip. Wir untersuchen Tatorte, führen Gespräche und noch so manches mehr. Die Interaktionsmöglichkeiten sind vorhanden, aber auch nicht übermäßig viel. Es lassen sich Räume durchsuchen, im Bedarfsfall Toiletten aufsuchen und Gegenstände auf vorgegebene Weise benutzen. Nach demselben Prinzip funktionieren die Gedanken unserer jeweiligen Spielfigur, die mit Druck auf die L2 Taste über unseren Köpfen umher schweben und innerlich laut ausgesprochen werden, sodass wir die Gefühlslage unserer Figur nachempfinden können.
Das wiederum funktioniert natürlich auf die eine oder andere Weise: In Stresssituationen jagt ein Gedanke den nächsten und auf kleineren Fernsehgeräten kann es schon mal schwierig werden, die richtige Taste zu erwischen, einfach weil man sie nicht erkennt. Daraufhin wird es unter Umständen ärgerlich, wenn die Figur nicht so reagiert wie man es eigentlich für sie vorgesehen hat. Was übrigens öfters passiert, als einem lieb sein kann. Aber Übung macht bekanntermaßen den Meister und es verläuft ja nicht alles so hektisch ab. Denn die Geschichte entwickelt sich langsam, führt die einzelnen Charaktere behutsam vor und es entwickelt sich ein Empathieempfinden ihnen gegenüber. Zumindest für einige von ihnen. So lernen wir beispielsweise die Hauptfigur Ethan Mars gleich zu Spielbeginn kennen, wie er glücklich und zufrieden sein Leben lebt. Im Beisein seiner Frau und seinen beiden Söhnen nehmen wir am Familienalltag teil und schlüpfen so in die Rolle Ethans. Doch der erste Schock, der uns als Spieler gehörig in Panik versetzt, lässt nicht lange auf sich warten…
Und genau hier verfügt Heavy Rain über diese enorm fiesen und intensiven Momente, in denen der Spieler eine Entscheidung treffen muss, ohne die Konsequenzen seiner Handlungen vorhersehen zu können. An gewissen Punkten scheint alles möglich. Und genau dort liegt der Nervenkitzel, der einen förmlich in das Spiel zieht. Der das Erlebte auf so bedrückende Weise auf den Spieler projiziert, dass ich nach manchen Interaktionen entweder vollkommen baff oder schier entsetzt war, was da gerade aufgrund meiner Vorgehensweise (respektive Nichteingreifens) passiert ist. Das sind die Augenblicke, in denen das Spielprinzip in Heavy Rain perfekt aufgeht. Die den Spieler an seine Grenzen heranführen und diese hin und wieder mit einem kleinen/großen Schritt überschreiten lassen. Und ihn anschließend mit dieser dreckigen und verregneten Atmosphäre ins Gesicht lachen.

Optisch ist Heavy Rain ebenso ein Vorreiter seiner Zunft, wie im Gameplay und Storytelling. Dank der Havok Engine und dem Motion/Facial Expressions Capture sieht die Grafik nicht nur umwerfend aus, sondern vermittelt auch ein authentisches Gefühl seiner Welt, sowie der Figuren in ihr. Leider fällt die Steuerung etwas weniger flüssig aus, sodass manche Ereignisse aufgrund der Schwierigkeit passieren, die richtigen Bewegungen mittels des Controllers zu finden und auszuführen. Zwar geschieht das nur selten, aber wenn, dann führt das natürlich zu Frust. Gerade wenn sich der Spielverlauf, oder zumindest das Ende, genau danach richtet und in seiner Konsequenz variiert. Immerhin bin ich im Prinzip relativ glücklich mit meinen getroffenen Entscheidungen, da sich nur eine unglückliche Tat so entwickelt hat, wie ich es genau nicht wollte.

Aber… aber über dieses absurd blöde Ende meiner Spielrunde komme ich einfach nicht hinweg. Schlechter als jeder noch so bescheidene Film bin ich einfach nur verärgert, nach diesem pulsierenden Spielgefühl. Das Ende kommt abrupt und dann wird in höchster „innovativer“ Manier auch noch versucht, den größtmöglichen Haken überhaupt zu schlagen. Und das geht vollkommen daneben. Wo ich noch voller Spannung auf die Auflösung des Origamikillerfalls gewartet hatte, ist diese im Endeffekt einfach nur platt und wirkt wie verzweifelt hingeklatscht. Ich glaube so sehr habe ich mich selten über ein Ende geärgert. Und das macht mir das Gesamtprodukt doch etwas madig. Leider. Keine Ahnung wie es sich mit anderen Entscheidungen auflöst, aber nach dieser Flaute habe ich auch gar kein Interesse mehr an einer alternativen Herangehensweise, um genau das herauszufinden. Von den verpassten Trophäen ganz zu schweigen.

Fazit:

Heavy Rain ist ein Spiel, für das man offen sein muss. Es verfügt größtenteils über eine entschleunigte Erzählung, die dann mit perfiden Drucksituationen gespickt wird und dem Spieler unweigerlich die Schweißtropfen auf die Stirn befördert. So eine Intensität habe ich bisher selten in einem Spiel vorgefunden. Nach einer bestimmten Szene klappte mir einfach der Unterkiefer runter und ich war in Schockstarre versetzt. Denn das habe ich tatsächlich nicht kommen sehen.
Jedenfalls, meine Spielwiese ist es leider nicht, da mir manches in seiner Handlung doch etwas zu konstruiert und langatmig erschien und somit der Spielstil nach geraumer Zeit ermüdend wurde. Nichtsdestotrotz bin ich froh, den Titel mal gespielt zu haben – allein die cineastische Erfahrung lohnt den Blick allemal.

Übrigens musste ich nur einmal schummeln. Aber auch nur, weil meine Figur im ersten Anlauf nicht das gemacht hat, was ich von ihr wollte. Tzz.

Heavy-Rain---Cover-(via-gamereactor.de)Heavy Rain
Jahr: 2010
Entwicklungsstudio: Quantic Dream
Genre: Action-Adventure
Plattform: PS3; PS4

Bilder via wallpaper4me.com; gamereactor.de; playstation.com [© Sony Computer Entertainment]

22 Kommentare zu „[Games] Heavy Rain (2010)“

  1. Was genau hat dich denn gestört? Die Identität des Mörders und wie er vorgegangen ist? Das fand ich ja ein bisschen arg an den Haaren herbeigezogen.
    Ansonsten, bei mir haben alle bis auf den Mörder überlebt *stolz* und Jayden hat ihn alleine gefunden. Ich konnte die restlichen Prüfungen nach dem E-Werk nicht durchführen… Und ich hab wirklich die vollen fünf Minuten dagesessen und überlegt, alle Utensilien zusammengesucht.

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    1. Die Identität hauptsächlich. Das war mir ab einem bestimmten Punkt einfach zu plump geraten, sodass sich der „Oha“-Effekt nicht einstellen wollte. Und dann kippte die Stimmung komplett.
      Bei mir sind Maddie :'( , Jayden und der Täter gestorben und bei ersterer war ich richtig verstört. Gut, die Art und Weise wie sie das Zeitliche segnen musste, war nicht ganz so schön und meiner schlechten Reaktionszeit geschuldet. Das war gemein.
      Bei der vorletzten Prüfung habe ich auch gut vier Minuten mit Überlegen und Sucherei verbracht. Aber es musste sein…

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      1. Naja, ich fand es schon nachvollziehbar durch die Kindheit und so – ich mein, ich hab schon schwächere Motive in Film und Serie erlebt – aber die Umsetzung fand ich eben auch schwach, also, da kam ich mir ein bisschen veralbert vor.

        Oh, du hast ja eine Spur aus Leichen hinterlassen! :shock: Immerhin hast du den Jungen gerettet bekommen. :P
        Ist Maddie im Keller gestorben?
        Siehst du, ich konnte das nicht. Weshalb Ethan dann im Auto saß und völlig frustriert war, weil ich nicht genug Hinweise hatte.

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        1. Das war einfach so… er ist der coole Typ mit den lockeren Sprüchen und zack. Doch nicht. „veralbert“ trifft es auf den Punkt. Naja, lässt sich ja nun auch nicht ändern.
          Ich habe alles in meiner Macht getan, um sie zu retten! Aber es hat nicht sollen sein. ;) Ja, Maddie ging im Keller drauf. Das war ein heftiger Schock!
          Krass wie unterschiedlich manche das aufnehmen… Ich dachte nur komm… und batsch.
          Aber in seiner Haut hätte ich echt nicht stecken wollen. Das muss doch auch für dich enorm frustrierend gewesen sein? Wer kam denn bei dir auf den Täter?

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          1. Nee, lässt sich nicht mehr ändern. Ich denke, wäre man als Spieler nicht so investiert gewesen, wäre es vielleicht anders gelaufen. Aber gut.
            Gut, zum Keller, da muss ich sagen, dass ich die Sequenz vor Jahren bereits mal gesehen hatte, weil da wieder Leute rumgezickt haben, dass es sexistisch sei. Aber die Abfolge der QTEs hatte ich definitiv nicht mehr im Kopf. :P
            Naja, ich „steckte“ ja in Ethans Haut, weshalb ich mir die Entscheidung auch so schwer gemacht hab. Ich war quasi selbst in der Situation, in dem Moment, und hab mich gefragt, ob ich es könnte. Fünf Minuten lang. Ich konnte es nicht. Also konnte es Ethan auch nicht. ;)
            Dafür fand ich meinen Durchgang bei der nächsten Prüfung so genial, Ethan klopft, und kann es nicht, Erneut, und dann rastet ja der Typ aus und ich hab erneut die Möglichkeit, es zu tun, schaffe es aber nicht, und werde dann verjagt. Irgendwie hat auch das für mich/zu mir. ^^‘

            Bei mir kam entsprechend nur Jayden auf den Täter. Ethan hat nur eine Prüfung geschafft, die im E-Werk. Maddie hat in der Wohnung den PC nicht knacken können, aber Jayden unter Einsatz seines Lebens in der letzten Ari-Sequenz die Indizien richtig verknüpft.
            Und ich war mit dem Ende von Ethan und Maddison auch zufrieden. Obwohl ich halt doch gerne mehr darüber erfahren hätte, warum sie an diesen Alpträumen leidet, die Extraepisode hat das nicht beantwortet.

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  2. Das Problem ist natürlich in erster Linie, dass man hier so viele Handlungsmöglichkeiten hat, die sich auf den Spielverlauf ausüben, dass das Ganze irgendwann nur noch wenig Sinn ergibt. Das war bei mir ebenfalls so. Da spielen dann einfach zu viele Variablen rein, als dass man das irgendwie hätte sinnvoll weiterführen können. Ich konnte da aber ganz gut drüber weg sehen, weil einfach die Intensität, die ich bei mancher Szene gespürt habe, wie bei keinem anderen Spiel, für mich so ziemlich alles wieder wett gemacht hat. Die Auflösung wirkt auch nicht immer so hingeklatscht, sondern ergibt sich eben aus dem Spielverlauf. Die Sache mit den 1000 Enden ist aber sowieso eher ein Marketingtrick gewesen, denn so sehr unterscheiden sich die Enden nun wirklich nicht. Das ist nebenbei auch bei Beyond: Two Souls der Fall, dem Quasi-Nachfolger dieses Werks. Mich hat aber die Story und die Charaktere voll in ihren Bann gezogen, einfach weil ich so ein Spielerlebnis bis dato noch nicht hatte.
    Ich müsste es wohl noch mal spielen, um mir noch mal ne endgültige Meinung zu bilden, aber damals bei Erscheinen hat mich das schon ziemlich umgehauen. Das war allerdings auch beim Quasi-Vorgänger Fahrenheit der Fall und das Game ist von der Story her im Endeffekt eigentlich totaler Käse, wie ich neulich bei RBTV festgestellt habe.
    Generell sind das aber auch alles Spiele, die man nicht mehr als 1 Mal spielen sollte. Es ist einfach eine Erfahrung, die man so nicht wiederholen kann. Vergleichbar mit einem guten Film. Klar, kann man den immer mal wieder angucken, aber es ist nie so gut, wie beim ersten Mal.

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    1. Aber genau der Punkt mit dem Sinn bei vielen Variablen ist doch die Krux, wenn man so ein Spiel auf die Beine stellt. Da gab es ein paar Szenen zum Schluss, die von den Dialogen nicht mehr passen wollten, was ich sehr schade fand. Und vom Grundgerüst müssen die Enden ja relativ nah beieinander liegen. Habe jetzt auch mal nachgeschaut und joa. Hätte es besser treffen können…
      Ich muss aber nochmal ganz klar hervorheben, dass ich aufgrund des filmischen Schwerpunkts meine Zweifel hatte. Und da hat es mir leider zu oft das hohe Tempo rausgenommen. Da war es mir schnell klar, dass es nicht ganz mein Geschmack sein würde. Die Intensität variierte ebenfalls, aber es gibt zwei Momente, die ich sehr sehr gerne in Erinnerung behalten werde. Das war heftig und genial konzipiert. Allerdings hätte ich mir gerne noch mehr davon gewünscht. So plätscherte manches nur vor sich hin.
      Vielleicht hätte ich vor 5 Jahren anders auf das Spiel reagiert, wer weiß.
      Und klar, solche Spiele leben von diesem einmaligen Run durch die Geschichte, um das maximale Erlebnis rausziehen zu können. Die werden kein zweites Mal so funktionieren. Naja, vielleicht würde mich ein anderes Ende versöhnlicher stimmen, aber… da braucht es noch einiges an Zeit zwischen jetzt und dem nächsten Durchlauf. Falls.

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      1. Klar ist das die Krux und das kann wohl auch funktionieren. War hier jetzt nicht so ganz der Fall. Aber man muss ja auch sagen, dass das Konzept noch relativ frisch ist. Da muss man den Entwicklern vielleicht etwas mehr Zeit geben. Mal gucken, was die auf den neuen Konsolen hinkriegen. Da hat man dann vielleicht auch mehr Möglichkeiten.
        Was man zB bei Beyond mMn teilweise noch besser umgesetzt hat, ist das Hinterfragen seiner eigenen Entscheidungen. Da gab es Momente, wo ich mich hinterher echt schlecht gefühlt habe, weil ich bestimmte Entscheidungen getroffen habe und ich deren Auswirkungen gespürt habe. Dafür hat man wiederum die Handlungsfreiheit etwas eingeschränkt und die Auswirkungen waren selten wirklich relevant. Irgendwie hat man da scheinbar noch nicht den richtigen Weg gefunden, das alles unter einen Hut zu bringen. Die Grundidee gefällt mir aber. Es ist halt eher ein emotionales Erlebnis, statt ein „normales“ Spiel. Teils funktioniert das gut, teils nicht so wirklich.
        Ich gebe dem ganzen etwas Zeit und hoffe, dass man irgendwann einen guten Mittelweg findet, das Emotionale mit dem Spielerischen zu verbinden. Der Ansatz ist zumindest da.

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    2. Ich seh das ziemlich ähnlich. Als einmaliges Erlebnis funktioniert es ziemlich gut, bietet viele intensive Szenen und in seinen Grenzen auch einen gewissen Gestaltungsrahmen. Handlung und Charaktere reißen einen mit und lassen eventuelle Schwächen dadurch in den Hintergrund treten. Und mit meinem Spieldurchlauf bin ich ziemlich zufrieden – abgesehen von den shenanigans mit der Identität des Mörders – weshalb sich das Spielen gelohnt hat.
      Beyond Two Souls andererseits fand ich rückblickend noch einen tick filmischer. Die QTEs waren ein bisschen nahtloser eingesetzt, dadurch, dass man die „Richtungen“ nicht mehr vorgegeben bekam, andererseits fand ich die Entscheidungen hier nicht so tragend wie bei Heavy Rain. Und das Ende ließ mich dann doch ein bisschen enttäuscht zurück, weil es eben den Anschein hinterließ, dass es da erst recht losgehen könnte mit der Handlung.

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      1. Beyond war von der Inszenierung sicher noch ne ganze Ecke besser und vor allem die Kampfsequenzen waren cool, weil man da das QTE-System weitergeführt hat. Wie du aber schon sagst, waren da die Auswirkungen der Entscheidungen quasi nicht vorhanden und das Ende war auch ziemlich meh.
        Ich hoffe einfach, dass man da mit der Zeit den richtigen Mittelweg findet. Mal schauen, was das Studio als nächstes fabriziert. Spielen werd ich es definitiv.

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        1. Es wird noch ein wenig dauern, aber das Potenzial ist ja sichtlich da. Nur an der Narrative muss noch ordentlich gefeilt werden, um da den richtigen Erzählfluss zu finden. Aber wie schon angemerkt wurde: Als Einstand ist das schon ganz ordentlich.

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        2. Jepp, seh ich genauso. Die Inszenierung in Beyond ar richtig gut, und Page/Defoe haben auch gut gespielt.
          Und ich hoffe ebenfalls, dass Quantic Dreams da den „richtigen“ Mittelweg finden wird, denn die Spiele sind bereits jetzt besondere Erlebnisse, obwohl sie noch Macken/Probleme haben.

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  3. Für mich ist „Heavy Rain“ ja immer das Paradebeispiel für ein Gamedesigndebakel, zu viel kleinteiliges, belangloses Quick-Time-Event-Rumgefummel für eine filmische Erfahrung und zugleich zu wenig Gameplay für ein Videospiel. Entwickler, die nicht wussten, ob sie nun einen Film oder ein Spiel machen sollten und sich nun bei beiden Medien vom schlechtesten bedient haben bzw. ergibt sich das letztlich aus der völlig unpassenden Vermischung.
    Wo sich Videospiele (zumindest teilweise und vor allem abseits des AAA-Mainstreams) langsam endlich dahin entwickeln, eine eigene Sprache zu finden und ihre narrativen und audiovisuellen Elemente verstärkt auf den Kern des Mediums, die Interaktivität stützen, ist „Heavy Rain“ wie ein Schlag ins Gesicht.
    „Hey, ihr wollt ein Videospiel? Sorry, hier gibt’s abseits von ein paar gescripteten Szenen und Reaktionstests nicht viel zu tun. Oh, Moment, ihr wollt lieber einen Film schauen? Sorry, wir unterbrechen das cineastische Erlebnis mit störenden Tasteneinblendungen für nervige Kleinigkeiten.“

    Aber schön, dass wenigstens du deinen Spaß hattest. :)
    Ich kann den Konzepten von Quantic Dream und davon inspirierten weiteren sogenannten Cineastic ‚Games‘ (also auch Crap wie „The Order: 1886“) nichts abgewinnen. Das ist Design in eine völlig falsche, gestrige Richtung.

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    1. Ja, das hin und her wurde auf Dauer gehörig anstrengend. Ein bisschen weniger Film wäre toll gewesen und vielleicht ein paar mehr QTE, die ich im Zuge der Erzählung eben sehr intensiv empfand. Gerade die haben für mich das Spielerlebnis definiert. Der Rest fiel dagegen immer weiter ab. Deswegen habe ich das Spiel auch so ewig weit vor mir hergeschoben: Ich wollte primär spielen und nicht die meiste Zeit über in enggescripteten Szenen feststecken.

      Aber als kompletten Reinfall betrachte ich es ja nun nicht. Und auf „Beyond: Two Souls“ bin ich auch noch gespannt, obwohl die Skepsis nach wie vor da ist.
      Deinem letzten Satz nach zu urteilen schließe ich, dass du für ein klar geteiltes Gameplay bist? Also Film Film sein lassen und interaktiven Teil interaktiv sein lassen? Ich muss ja zugeben, dass ich in den „Cineastic Games“ durchaus Potenzial sehe. Nur die perfekte Mischung zu finden, das ist das extrem schwierige daran. Muss man vielleicht langsamer angehen, so wie es „The Last of Us“ tat. Da waren ja alle drei Elemente vorhanden und das in einer super Mischung. (Und ja, mein Spielehorizont ist wirklich nicht breit gesteckt. ;))

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      1. Noch mehr QTEs? Jedes QTE in einem Spiel ist bereits eines zu viel. :P

        „Geteiltes Gameplay“ würde ich das nicht nennen, aber ich bin der Meinung, dass ein Medium narrativ immer dann am stärksten ist, wenn es sich der Mittel bedient, die nur ihm zur Verfügung stehen. So wie jetzt noch einige Spiele sich am Filmischen orientieren, so hat sich der Film in seinen Anfängen noch zu sehr am Literarischen (Stummfilm z.B.) orientiert, bis er sich endlich emanzipiert hatte und seine eigene Bildsprache entwickelte.
        Videospiele sind mit Dingen wie „interactive Storytelling“ und „environmental Storytelling“ schon auf einem guten Weg. Es sollte am Spieler liegen, was er vom Plot mitbekommt, wie viel er vom Plot mitbekommt und idealerweise wie der weitere Plotverlauf gestaltet ist. Die Spielfigur ist dabei das zentrale Element. Und ich finde es beispielweise kontraproduktiv, auch nur einen Augenblick die Kontrolle über die Spielfigur einzubüßen, denn in diesem Moment ist man nicht Spieler, sondern Zuschauer. Und alles, was dann geschieht, verliert seinen Impact, sowohl intellektuell, als auch emotional, weil der Spieler vom Spielgeschehen abgekoppelt wird. Am deutlichsten ist das immer wieder bei selbstablaufenden Zwischensequenzen. Das ist dann Film und nicht mehr Spiel. Und der wenig tröstliche Kompromiss von QTEs steht natürlich im Kontrast zum vorher erlernten Regelwerk, nämlich der allgemeinen Steuerung. Wenn die X-Taste kontextsensitiv plötzlich alles mögliche sein kann (sprechen, schießen, ausweichen, Dinge bewegen, usw. je nach Situation), verliert sie ihre Bedeutung. Ein Tastendrück ist dann willkürlich und beliebig und nicht mehr gezielt Teil des Kontrollspektrums, mit dem sich ein Spieler in der Regel vetraut machen musste.

        Wie dem auch sei, es gibt natürlich ganz verschiedene Designphilosophien, aber ich habe meinen Film gerne filmisch, Literatur gerne literarisch und eben Videospiele spielerisch. Das heißt nicht, dass man sich nicht von anderen Medien und Kunstformen inspirieren lassen darf, aber man sollte doch nicht im Kern sich auf narrative Strukturen anderer Medien verlassen, wenn man eigene Stärken hat auf die man sich als ernstzunehmende Kunstform stützen kann und sollte. Insofern: Wenn bspw. das neue MGS wieder ellenlange Zwischensequenzen hat, und keine anderen Ideen, wie man in Videospielform Geschichten erzählen könnte, strafe ich das in meiner persönlichen Bewertung gnadenlos ab. So wie ich es auch bei Filmen tu, die sich auf das Erzählen ihrer Handlung per Off-Stimme verlassen (das ist nämlich kein Inszenieren, sondern ablesen vom Text -> Tonaufnahme von Literatur).

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        1. Aber wie setzt man so eine Geschichte um? Ohne gewisse Knotenpunkte, die die Geschichte vorantreiben, landet man doch am Ende nur irgendwo bei Beliebigkeit, bei Minecraft oder MMORPGs, die vielleicht eine Hintergrundgeschichte haben, die für das individuelle Erlebnis aber kaum eine Rolle spielt, weil sich die vom Spieler erlebte Geschichte auf „Heute Pelze farmen, morgen Monster töten, übermorgen Bier brauen“ reduziert, oder nicht?
          Außer, man lässt die eigentliche Geschichte einfach laufen und überlässt es dem Spieler, ob er sich zu den redenden oder handelnden Figuren gesellt, um etwas davon mitzubekommen, aber dann geht man das Risiko ein, dass die Handlung eben nur Staffage wird.
          Da hätte ich gern ein Beispiel, um zu sehen, wie denn so ein Spiel aussehen könnte. ;)

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          1. Was pi sagt. Natürlich ist es schön, selbst alles aus der Sicht der Spielfigur zu „erleben“, aber manchmal braucht es diese Knotenpunkte einfach, um die angestrebte Geschichte weiterzubringen. Gut, es mag vielleicht auch einfach nur an der Technik liegen, dass man filmische Sequenzen (noch) nicht als eigene Figur durchleben kann, sondern als Zuschauer die Szene beobachtet, aber das ist einfach noch ein Ding der Unmöglichkeit. Und um ehrlich zu sein: Nur so Spiele wie „Skyrim“ oder „The Witch Hunter“ brauche ich auch nicht, da ich zwar die offene Karte bevorzuge, dadurch aber das Gefühl erhalte, die Geschichte immer wieder aus den Augen zu verlieren. So werde ich wegen Massen an Sidequests ständig aus der Geschichte gerissen, die doch eigentlich vertieft werden sollte. Denn genau das ist der Punkt mit dem “Heute Pelze farmen, morgen Monster töten, übermorgen Bier brauen”. Da wird mir die Story schlicht egal, je länger man sich mit Kleinkrams auseinandersetzen muss. Natürlich ist es schön, auf diese Weise tiefer in die Welt selbst einzutauchen, aber es geht eben auch etwas verloren. Finde ich jedenfalls. Das dürfte aber auch von Person zu Person variieren.
            Das mit den QTEs ist natürlich eine nachvollziehbare Argumentation. Allerdings bin ich dafür wohl weitaus offener als du, denn in solchen Momenten bin ich im Idealfall so vom Geschehen gefesselt, dass sich gar nicht die Frage nach der Taste, sondern die nach der Handlung stellt. Von daher ist dieser Fall in meinen Augen zu vernachlässigen. Allerdings kommt es auch arg auf das Spiel an, in MGS:Peace Walker hätte man diese QTEs gänzlich streichen können. Die Tastenbelegung entsprach aber fest der Steuerung im Spiel.

            Und zu MGSV: Na ein wenig weiterentwickelt scheinen sie sich zu haben. Denn die Story wird nicht mehr linear erzählt, sondern es liegt größtenteils in der Hand des Spielers, was er zu sehen bekommt. Aber wie genau das abläuft, das werden wir dann sehen. Bin da ja sogar etwas skeptisch…
            Auf die ewig langen Sequenzen möchte ich jedoch nicht verzichten. Dafür hat Kojima ein zu feines Gespür, das ich bewundere. ;)

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    1. Unbedingt mal reinschauen! Ganz unabhängig meiner Meinung ist das ein Erlebnis, das man mal durchlaufen haben sollte. Und so viel Zeit verschlingt es auch nicht. Wenn du die Möglichkeit also hast… nur zu.

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  4. oh ja, die auflösung ist schon recht billig. lustigerweise war der typ, der sich als killer herausstellte, mein lieblingscharakter im spiel.
    wirklich intensiv war es für mich leider nicht, dafür ist es durchwegs zu durchschaubar und plump. aber die unfreiwillige komik hat ja auch ihren reiz…

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    1. Ging mir genauso. Die Auflösung war dann einfach zu naheliegend und hatte jede Spannung im Keim erstickt. Unfreiwillig komisch fand ich es dann zwar doch nicht, aber joa. Der Hype hat nicht gefruchtet.

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