[Film] Infernal Affairs II (2003 HK/CN/SGP)

Und weiter geht es mit meiner Besprechung der Infernal Affairs – Trilogie. Spoilerfrei!

Infernal Affairs II – Abstieg in die achte Hölle. Das Sequel, das als Prequel dient und trotzdem eine weitestgehend eigenständige Handlung verfolgt. Es wird darauf verzichtet, bereits bekanntes unnötig wiederzukäuen, um diese kostbare Zeit stattdessen für Charakterentwicklungen und neue Handlungswege zu sichern. Dabei wird schnell klar: Infernal Affairs war nur der Anfang.
Erst mit dieser Quasi-Fortsetzung lernt man den Vorgänger noch mehr zu schätzen, wenn man als Zuschauer gemeinsam mit Yan (jetzt: Shawn Yue) und Lau (Edison Chen) in deren persönliche achte Hölle abtaucht. Es wird der Weg aufgezeigt und was sie zu tun gezwungen waren, um ihre Positionen innerhalb der Polizei oder der Triaden überhaupt erst zu erhalten. Wie bittere Entscheidungen mit ihren weitreichenden Konsequenzen, die sie auch rund 5 Jahre später noch zu spüren bekommen sollen, getroffen und welche Opfer gebracht wurden. Und da gibt es einiges an neuem zu entdecken.

Der zweite Teil der Trilogie dürfte für jeden geeigneter sein, der im ersten Teil vom Style und der Schnitttechnik abgeschreckt wurde. Hier wird die Unterwelt Hongkongs gezeigt: schnörkellos, dreckig und finster. Es werden keine Filter angewandt, um eine bestimmte Wirkung zu erzeugen; alles ist runtergebrochen auf das was ist und wie es ungeschönt sein muss. Die Geschichte dreht sich dabei um… ja, worum genau eigentlich?

Zum einen werden, wie oben bereits beschrieben, Yans und Laus Eingliederung in deren Umfelder gezeigt. Allerdings ist das gar nicht unmittelbarer Mittelpunkt der Geschichte. Denn zum anderen wird in Infernal Affairs II auch die Relation zwischen Polizeiinspektor Wong (Anthony Wong) und dem (wie bereits bekannt ist) werdenden Triadenboss Sam (Eric Tsang) thematisiert und mit neuen sachdienlichen Hinweisen versehen, die zwar vereinzelt etwas überraschend kommen, sich bei genauerer Betrachtung jedoch in den Kontext der filmübergreifenden Handlung einpassen.
Ob diese Fortsetzung allein darauf fußen könnte, das weiß ich nicht so recht. Um dem ganzen etwas mehr Spielraum zu gewähren, wird daher eine weitestgehend alleinstehende Geschichte erzählt, die alleinigem Sinn und Zweck dient, den damaligen Familienanführer Sam als späteren Chef der Hongkonger Unterwelt zu etablieren; seinen Aufstieg und vor allem seine Herkunft in Bilder zu fassen. Aus diesem Grund führt der Film die Figur des Ngai Wing Hau (Francis Ng) ein, der selbst die Herrschaft der Drogengeschäfte anstrebt und sich mit den rivalisierenden Familienclans herumschlagen muss.
Am Ende wird es ein Kampf auf Leben und Tod, der sich jedoch nicht zwangsläufig um die Anführer der beteiligten Parteien dreht.

Und zugegeben: Es hilft zwar, den Vorgänger zu kennen, dennoch wirkt das Sequel relativ komplex geraten und es braucht einiges an Durchblick und auch Durchhaltevermögen, um die verschiedenen Bande zwischen den einzelnen Akteuren bis ins kleinste Detail nachvollziehen zu können. Gerade weil sich die Regie dafür entschieden hat, die beiden Protagonisten Yan und Lau durch jüngere Schauspieler zu ersetzen, während der Rest von bereits bekannten Gesichtern gespielt wird. Aber auch das wurde im Prinzip bereits im Vorgänger angekündigt.
Um das Interesse an der verzwickten Handlung durchgehend aufrecht zu erhalten, unterstützen die gekonnten Darstellungen der Schauspielriege. Allen voran soll Francis Ng erwähnt werden, der als lukrativer Bandenboss Ngai mit mehr Verstand denn als Gangsterposse agiert und es so vermeidet, in unsympathisches  oder gar schwer nachvollziehbares Verhalten abzudriften. Er kreiert einen dieser besonnenen Typen, die sich zur Not die Hände schmutzig machen, aber auch genug Abstand zum Geschehen genießen, ohne dabei den Eindruck zu vermitteln dass sie ungehindert über alles und jedem thronen würden. Gerade zum Ende hin habe ich wiedermal gemerkt, wie sich meine moralische Grenze aufgrund einzelner Charaktermomente zusehends verschiebt. Was bei solchen Gangsterfilmen übrigens immer als interessantes Gedankenexperiment betrachtet werden kann…
Eine weitere Erwähnung gilt außerdem Roy Cheung, der trotz wortkargem Nebenrollendasein eine angenehme Präsenz abliefert. Ja, solche Typen sind mir wohl die liebsten.

Infernal Affairs II – Abstieg in die achte Hölle erfindet das Rad nicht neu. Er nimmt sich die Prämisse seines Vorgängers zu Herzen und führt dessen Geschichte im übertragenen Sinne fort, ohne jedoch auf Individualität zu verzichten. Trotz bekannter Motivik etablieren die beiden Regisseure Andrew Lau und Alan Mak eine weitere, eigenständige Geschichte im Hongkonger Drogenmoloch, die noch roher und brutaler daherkommt, als es in Infernal Affairs – Die achte Hölle schon der Fall war. Und als Subtext packen sie gemeinsam mit Drehbuchautor Felix Chong die Ungewissheit des Landes vor und während der Regierungsübergabe seitens der Briten zur deklarierten (semiautonomischen) Sonderverwaltungszone Hongkongs im Jahre 1997 auf…
Also wenn schon über Fortsetzungen nachgedacht wird, dann bitte so wie hier. Infernal Affairs II bietet definitiv und selbst bei bereits bekanntem Ausgang der Geschichte erhöhtes Wiedersehpotential. Und das nicht nur, weil die Handlung etwas schwerer zu durchdringen ist. Sondern gerade weil sich getraut wird, neue Wege einzuschlagen. Sei es im optischen oder narrativen Sinne. Hut ab für diese Detailverliebtheit.

9/10 Punkte

Diese Review ist Teil der Besprechung einer Blu-ray Special Edition der Infernal Affairs-Trilogie von Nameless Media. Informationen zur Special Edition selbst entnehmt ihr bitte der Besprechung von Teil 1.
Sprache/ Ton: Deutsch - DTS HD 5.1 | Kantonesisch - DTS HD 7.1
Untertitel*: Deutsch (*Anwählbar im Film)
Laufzeit: ca. 119 Min
Bildformat: 2,35:1
FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
Extras (Disc 2):
Confidential File, Deleted Scences, Making of, Musikvideo, Outtakes, Teaser, Trailer
Infernal-Affairs-II---Poster
© Media Asia

Infernal Affairs II – Abstieg in die achte Hölle [Mou gaan dou II]
Jahr: 2003 HK/CN/SGP
Laufzeit: 119 Minuten
Regie: Andrew Lau, Alan Mak
Drehbuch: Alan Mak, Felix Chong
Kamera: Man-Ching Ng, Wai-Keung Lau (als Alan Mak)
Musik: Kwong Wing Chan
Cast:
Anthony Chau-Sang Wong, Eric Tsang, Carina Lau, Francis Ng, Edison Chen, Shawn Yue, Jun Hu, Tung Cho ‚Joe‘ Cheung, Henry Fong, Peter Ngor, Arthur Wong, Teddy Chan, Chung-yue Chiu, Chapman To

Bilder [© 2015 by Nameless Media  |  nameless-media.de]

2 Kommentare zu „[Film] Infernal Affairs II (2003 HK/CN/SGP)“

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