Mit dem abschließenden dritten Teil von Infernal Affairs schließt auch die Besprechung der Trilogie. Da sich die Handlung nach dem Ende von Teil 1 abspielt, warne ich vor Spoilern zu Infernal Affairs I! Außerdem bespreche ich den rund 17 Minuten längeren Director’s Cut.
Wer in Teil 2 bereits mit der komplexen Struktur gehadert hat, der wird mit Infernal Affairs III vor eine harte Geduldsprobe gestellt. Denn nun wird es wirklich verzwickt:
Es vermischen sich aufgrund der tragischen Ereignisse aus dem ersten Teil die Handlungsstränge der Vergangenheit mit denen der Gegenwart und zeichnen so zwei völlig neue und verschiedene Bilder der Protagonisten Yan (Tony Leung Chiu wai) und Lau (Andy Lau). Während sich die primäre Geschichte rund um Lau in der Gegenwart abspielt und er, mit seinem Bestreben ein besserer Polizist zu werden, hadert und noch dazu den Verdacht hegt, dass Superintendant Yeung (Leon Lai) ein Spitzel der Triaden ist, erleben wir in der Vergangenheit mittels längerer Flashbacksequenzen den Werdegang Yans unter dem Triadenboss Sam (Eric Tsang), der einen Waffendeal mit dem unbekannten Shen (Chen Dao Ming) abwickelt…
Wenn mich nicht alles täuscht.
Wie gesagt, der dritte Teil ist extrem komplex und fordert ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit, um nicht den Faden zu verlieren. Wie schon zuvor werden im nun mehr dritten Ableger zwei unterschiedliche Handlungen erzählt, die sich öfters kreuzen. Dennoch verlaufen sie vorrangig strikt getrennt voneinander und vertiefen die Charakterportraits der Figuren Yan und Lau zusehends.
Die Filme Infernal Affairs I & II standen schon immer auf dem Fundament ihrer detailliert ausgearbeiteten Figuren. Identitätskrisen aufgrund ihrer Arbeit als Maulwurf, verpasstes Glück im Leben und die Hoffnung, rechtzeitig den Absprung zu schaffen, um sich wenigstens ein bisschen der alten Persönlichkeit zu bewahren. All das sind Themen, die bereits ausreichend beleuchtet wurden, jetzt aber auf die Spitze getrieben werden. Und das muss nicht zwangsläufig negativ gemeint sein, verändert sich der Ton des Films im direkten Vergleich mit den Vorgängern jedoch deutlich.
Infernal Affairs III beginnt wieder mit dem visualisierten Abstieg in die (achte) Hölle, dargestellt durch einen Aufzug, der in Teil I handlungstragend wurde – stellvertretend für die Gefühlslage, in der sich Polizist Lau zunächst befindet. Er muss sich einer internen Anhörung die Ereignisse zuvor betreffend stellen, gelangt jedoch zügig wieder in den Polizeidienst. Dennoch hat er mit seinen Handlungen zu kämpfen und verfällt in Panik, da er nur zu genau weiß, dass Sam noch mehr Spitzel im Polizeidienst eingeschleust hat, die ihm seine Zukunftspläne madig machen können. Lau, der nun neben seinen eigentlichen Pflichten die restlichen Maulwürfe ausfindig machen muss, sieht sich jedoch zusehends von Superintendant Yeung bedroht, der wiederum nur sehr schwer zu durchschauen ist.
Faszinierend ist auch hier wieder, wie divers sich der dritte Film präsentiert. Ein Mittelding zwischen dem schnörkellosen ersten Teil, dem finsteren zweiten Teil und nun der völlig unterkühlte Abschluss, der mit surreal anmutenden Elementen und Filtern die Farbe herausnimmt und alles trostlos erscheinen lässt. Dazu die Figur des Yeung, dessen Motive man nicht erahnen kann, aber immer wieder Andeutungen fallen, auf wessen Seite er womöglich steht. Vehement versucht man als Zuschauer, die Zusammenhänge zu finden; was die Drehbuchschreiber Alan Mak und Felix Chong jedoch alles andere als einfach gestalten. Dabei verzetteln sie sich hin und wieder, und fügen der Geschichte teilweise schwer nachvollziehbare Handlungsweisen ein, die wieder ein völlig neues Bild auf die Szenerie und deren Figuren werfen. So beobachtet man Yan dabei, wie er eine unerwartet lakonische Seite zeigt, wenn er sich mit der Psychologin (Kelly Chen) neckt. Wie er wieder Hoffnungen schürt, vielleicht doch eines Tages aus seinem Moloch zu fliehen und seinen Dienst als offizieller Polizist wieder aufzunehmen. Es ist das konträre Bild zu Lau, der mit den Konsequenzen seiner Handlungen leben muss und dabei immer paranoider wird, aus Angst dass seine Vergangenheit aufgedeckt wird.
Es entwickelt sich also erneut ein Katz- und Mausspiel, bei dem es um Leben und Tod geht. Um die eigene Ehre, die Überhand und vor allem um den Durchblick. Und der kann durchaus abhandenkommen und in vereinzelten „Was zum… ?“– Momenten münden. Mit viel Zeit und einem Sinn fürs Detail werden neue Figuren eingeführt, die einen erhöhten Einfluss auf sämtliche involvierte Personen ausüben. Das gestaltet das Ganze zu einer Art Puppentheater, in der die Schicksale des Einzelnen in den Händen der Anderen liegen. Daraus zieht Infernal Affairs III seinen Thrill, nebst der unterkühlten Machart, bei der sämtliche Nerven, außer denen des kalten Hundes Yeung blank zu liegen scheinen. Es ist der filigranen Performance Leon Lais geschuldet, dass die neue Bedrohung nicht zu cool erscheint. Er ähnelt dabei sehr der Figur des Ngai (Francis Ng) aus Teil II. Beide sind sie durchkalkuliert und zurückhaltend, agieren mehr mit Verstand als der Faust. Dennoch sind sie nicht zu unterschätzen, da sie wie Haifische um ihre Beute kreisen und geduldig auf ihre Gelegenheit warten. Auch wenn der Film vereinzelt mit einer Haudrauf-Mentalität zu Buche schlägt, so präsentiert er sich im Allgemeinen eher als zurückhaltender und ruhiger Thrill, der genauso wie ein Hai auf den richtigen Moment hinarbeitet, um dann Chaos zu stiften. Welches übrigens wieder durch ein hervorragendes, aber doch etwas übermütig erscheinendes Ende sämtliche zuvor erlebten Strapazen (einigermaßen) relativiert.
Infernal Affairs III lebt vorrangig vom Charisma seiner Darsteller, während die Handlung (zu) komplexe Züge annimmt und sich zu einer strengen Geduldsprobe entwickelt. Während den Figuren wieder neue Seiten abgerungen werden, gelingt es dem Drehbuch jedoch nicht, diese fließend einzufügen. Stattdessen gestalten sie den Abschlussfilm als zu komplizierte Geschichte, in der sie auf Biegen und Brechen alle zuvor vielleicht noch unerwähnt gebliebenen Details unterbringen möchten. Dazu ein zeitübergreifendes Storygerüst, und fertig ist ein extrem anspruchsvoller Film, der nur in Anbetracht seiner gekonnt ausgearbeiteten Vorgänger funktionieren kann. Aber eben auch etwas zu viel verlangt, um den Bogen zum ersten Teil der Trilogie zurück zu schlagen. Als kleine Gedächtnisstütze sei daher das beiliegende Making Of empfohlen, in dem noch einige Motive des Films erläutert werden, die so nicht unbedingt im Zentrum der Betrachtung liegen.
Allerdings gilt auch zu beachten, in welchem Tempo alle drei Filme gedreht wurden: Während Teil 1 2002 abgedreht wurde, wurden die Teile 2 & 3 gemeinsam 2003 fertiggestellt. Vielleicht erklärt das das etwas dehnbare Script dieses Teils. Aber es ist nicht verwunderlich, dass Infernal Affairs III nicht auch noch an die Qualitäten der beiden Vorgänger heranreichen kann.
7,5/10 Punkte
Infernal Affairs: 10*/10 Punkte
Infernal Affairs II: 9/10 Punkte
Diese Review ist Teil der Besprechung einer Blu-ray Special Edition der Infernal Affairs-Trilogie von Nameless Media. Informationen zur Special Edition selbst entnehmt ihr bitte der Besprechung von Teil 1.
Sprache/ Ton: Deutsch - DTS HD 5.1 | Kantonesisch - DTS HD 7.1 Untertitel*: Deutsch (*Anwählbar im Film) Laufzeit: ca. 118 Min Bildformat: 2,35:1 FSK: Freigegeben ab 16 Jahren Extras (Disc 3): Making of (deutsche UT), Musikvideo, Trailer, Dokumentation, Kinofassung in SD

Infernal Affairs III [Mou gaan dou III: Jung gik mou gaan]
Jahr: 2003 HK/CH
Laufzeit: 119 Minuten
Regie: Andrew Lau, Alan Mak
Drehbuch: Alan Mak, Felix Chong
Kamera: Andrew Lau, Ng Man Ching
Musik: Kwong Wing Chan
Cast:
Tony Chiu Wai Leung, Andy Lau, Leon Lai, Daoming Chen, Kelly Chen, Anthony Chau-Sang Wong, Eric Tsang, Sammi Cheng, Carina Lau, Edison Chen, Shawn Yue, Chapman To
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