[Film] Thor: Tag der Entscheidung (2017 US)

Der deutsche Titel Tag der Entscheidung ist mal wieder so richtig käse. Nicht nur, dass er etwas episches impliziert… es ist auch nicht so, dass der Film seinen Originaltitel nicht schon innerhalb der ersten 5 Minuten erklärt. Die deutsche Verleihpolitik… nunja.

Davon abgesehen macht Thor: Tag der Entscheidung Spaß. Sehr viel Spaß. Regisseur Taika Waititi bekam offenbar einen Freifahrtschein und diesen reizt er auch vollends aus. Denn der neueste Thor-Ableger kann eher als episodische Momentaufnahme des MCU betrachtet werden. Nur bedingt bringt er die eigentliche Geschichte der Marvelhelden gerade auch in Hinblick auf den bevorstehenden Infinity War weiter voran. Wer sich hier etwas erhofft, der wird enttäuscht von Dannen ziehen müssen. Stattdessen bietet er eine optisch spektakuläre Sause mit einem ausgeprägten Anteil an Humor und Action. Es macht sich deutlich bemerkbar, wie Tag der Entscheidung vom bisherigen Marvel Comic Universe profitiert und sich vorangegangener Ereignisse bedient, aber trotzdem eigenständigen Charme versprüht.

Was das Worldbuilding angeht, so gehört Thor sicherlich zu den (zumindest visuell) anspruchsvolleren Filmen mit seinem bezaubernden Asgard. Doch gerade hier kann er sich entspannt zurücklehnen und sich auf den Lorbeeren vergangener Geschichten ausruhen. Man fühlt sich direkt heimisch in der Welt der Götter und doch gibt es noch neue, kleine Orte zu entdecken. Mit Sakaar kommt zudem ein weiterer Spielort hinzu, der sehr prominent vertreten ist. Es ist das Heim des mysteriösen Grandmasters (Jeff Goldblum). Der Schrottplanet erinnert mich entfernt an eine Welt aus Guardians of the Galaxy, sorgt mit seinen Bewohnern jedoch für einiges an Spaß – wenn gleich auch gerne etwas weniger Zeit in dieser Welt verbracht hätte werden können… Überhaupt genießt Tag der Entscheidung die Freiheit, sich nicht zu sehr auf seinen Weltenbau versteifen zu müssen. Hier stehen ganz klar die bekannten Figuren im Zentrum, was sich positiv auf die ohnehin göttliche Dynamik zwischen Thor und Loki auswirkt – diesmal auch mit Hulk im Gepäck. Man kennt sich, man weiß wie der Hase läuft und doch nimmt es dem Gespann nichts an Wirkung. Es ist einfach einer dieser Filme, die man sich gönnen kann wenn man angeschlagen ist und etwas zum Lachen braucht. Die gute Laune kommt dann ganz von selbst und man hat oft genug den Eindruck, dass er auch gar nicht mehr sein will.

Doch ist nicht alles Gold, was glänzt. Ragnarok hätte es angekündigt: Die große Schlacht der Götter. Underwhelming ist er in der Hinsicht, denn mit Cate Blanchett als Göttin des Todes Hela hätte es eine Schlacht epischen Ausmaßes geben können. Im Ansatz gab es diese auch zu sehen (mein Gott, war die Valküren-Sequenz stark!). Jedoch ist das Drehbuch für ein Kaliber wie sie zu sehr auf episodischen Spaß ausgelegt, was der brandgefährlichen Antagonistin wenig zu Gute kommt. So springt die Handlung von einem Ort zum nächsten und rückt zwangsläufig zu lange in den Hintergrund. Zwar spielt Blanchett (wie immer) wie eine Göttin, aber hier verkommt Hela zur überzogenen Gegengewalt, die sich nur spärlich entfalten und über Asgard hinwegfegen kann. Für einen Film, der sich sehr um seine Charaktere bemüht, geht auf diese Weise einiges verloren, was auch durch Spaß und Tollerei, sowie süffisanten Dialogen nicht ersetzt werden kann. So ist Ragnarok am Ende zwar sehr cool anzusehen und gefühlt kurzweiliger als sonstige Marvel-Materialschlachten, aber auch nicht mehr, als ein bloßes Beiwerk der zwei Stunden gute Laune. Hier wäre eine frühere Abkehr vom Planeten Sakaar sicherlich förderlich gewesen, dessen Eintönigkeit auf Dauer doch bemerkbar wird und die Handlung zu sehr ausbremst.

Mit Thor: Tag der Entscheidung liefert das Marvel Comic Universe einen puren Spaßfilm ab. Auch wenn Thor: The Dark Kingdom damals einen möglicherweise genauso düsteren dritten Teil anteaserte, so ist Tag der Entscheidung doch weit davon entfernt. Wer mit den sympathischen Göttern Asgards zwei Stunden lang gut unterhalten werden möchte, der kommt um diesen nicht herum. Wer sich jedoch erhofft, einen weiteren Schritt auf den nahenden Infinity War zuzugehen, der wird (bis auf sehr wenige Details) enttäuscht. Hier steht der bunte Spaß im absoluten Mittelpunkt. Und das darf auch mal sein, denn Thor ist dafür genau der Richtige.

7,5/10 Punkte

[Film]-Thor--Tag-der-Entscheidung-(2017-US)-PosterThor: Tag der Entscheidung [Thor: Ragnarok]
Jahr: 2017 US
Laufzeit: 130 Minuten
Regie: Taika Waititi | Drehbuch: Eric Pearson, Craig Kyle, Christopher Yost
(liter. Vorlage: Stan Lee, Larry Lieber, Jack Kirby)
Kamera: Javier Aguirresarobe
Musik: Mark Mothersbaugh
Cast:
Chris Hemsworth, Tom Hiddleston, Cate Blanchett, Idris Elba, Jeff Goldblum, Tessa Thompson, Karl Urban, Mark Ruffalo, Anthony Hopkins, Benedict Cumberbatch, Taika Waititi, Rachel House, Tadanobu Asano, Ray Stevenson, Zachary Levi

Bilder [© Walt Disney Studios Motion Pictures]

5 Kommentare zu „[Film] Thor: Tag der Entscheidung (2017 US)“

  1. Es geht mir genauso wie dir. Prinzipiell habe ich nichts gegen witzige Blockbuster, ganz im Gegenteil. Aber hier hat man manchmal den Eindruck als habe der Originalcast eine Hochglanz-Parodie der eigenen Figuren auf die Beine gestellt. Quasi das, was James Corden mit „Thor 4D“ auf die Beine gestellt hat, nur mit hübschen Effekten.

    80 % der Dialoge waren ja auch angeblich improvisiert. Diese eher lose Machart eignet sich gut für einen Einzelfilm, aber schlecht für einen „Universumsfilm“, der gleichzeitig noch auf Zukunft und Vergangenheit verweisen muss.

    Meine Bewertung ist minimal besser (8/10).

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    1. Gerade letzteres hat er aber solide umgesetzt. Zumindest die Verweise auf Vergangenes, die einem „Neueinsteiger“ der Reihe vielleicht verborgen bleiben, weil sie eben doch nur knappe Referenzen dienen. Wie sie das jedoch gemacht haben, fand ich ziemlich fesch.
      Ich habs aber auch lieber so, als wenn man sich irgendetwas aus den Fingern saugen muss, um möglichst viele Anknüpfungspunkte für kommende Abenteuer zu finden.

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  2. Ich fand den auch extrem lustig. Aber Taika Waititi ist auch ein toller Regisseur, gerade „Hunt for the Wilderpeople“ kann ich nur empfehlen. „Thor 3“ fand ich gut, fand’s aber auch – wie du schon schreibst – schade, dass sie nicht weiter groß auf „Avengers 3“ angeteasert haben. Letztendlich war das hier fast so ein Stand-Alone-Film :D

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