Matthew Vaughn sorgte vor drei Jahren mit der Verfilmung des gleichnamigen Comics Kingsman: The Secret Service für einen frischen Wind im Agentenfilm. Mit einem sympathischen Underdog (Taron Egerton), der unter den Fittichen Colin Firth’s zum eleganten Gentleman ausgebildet wird und anschließend die Welt retten muss, gelang es Kingsman, mit ordentlicher Prise Selbstironie und einer spektakulären Inszenierung die Lachmuskeln mit originellen Ideen und Actionsequenzen zu bombardieren. Drei Jahre später steht nun das Sequel bereit. Doch kann es mit dem feschen Erstling mithalten?
Der Golden Circle bedroht die Welt. Unter der Führung von Miss Poppy (herrlich kirre: Julianne Moore) werden Drogen verseucht und die Welt erpresst. Alles aus dem tiefsten Dschungel Kambodschas heraus, wo sich die abgedrehte Geschäftsfrau ihr kleines Paradies geschaffen hat. Die Kingsmen müssen sich neu formieren und Eggsy hat mit seiner Angebeteten alle Hände voll. Doch irgendwer muss die Welt retten, denn der Golden Circle wird zu einer persönlichen Angelegenheit…
Kingsman: The Golden Circle ist schon ganz nett. Er startet geradewegs mit dem typischen Comicrelief und wirft everybodys Darling Eggsy (Taron Egerton) schnurrstracks in die erste Actionszene des Films. Und die hat es wie gewohnt in sich. Schnelle Schnitte teilen die Bewegungen in feine Einheiten und doch stört diese Hektik nie die Orientierung innerhalb des Bildraums. Es ist, wie bereits im Vorgänger, ein absolutes Schmankerl, mit anzusehen, mit welcher Schaulust diese Szenen umgesetzt werden (auch wenn keine mehr an den Kirchenkampf Harrys im ersten Film herankommt…). The Golden Circle ist kurzweilig, gerade weil er so viele Nebenstories aufgreift. Statt eine stringente Geschichte zu verfolgen, hangelt er sich von einer amüsanten Situation zur nächsten und lebt vielmehr von seinen eingeworfenen Ideen, als dem Großen und Ganzen, zusammengefasst als Miss Poppy vs. the World. Auch wenn der Spaß im Film klar an erster Stelle steht, so ist es doch ein wenig schade zu sehen, wie halbherzig die Ideen verbraten und teilweise auch ausgewalzt werden (Elton John lässt grüßen). Ebenso wie die forciert wirkenden, und viel zu häufig genutzten vulgären Wortwitze, büßt der Film einiges an Einfallsreichtum ein und scheitert daran, ein flottes, geradliniges Agentenintermezzo zu bilden. Stattdessen verschwendet er zu viel wertvolle Zeit darauf, in, für die Handlung weitestgehend irrelevanten Nebenwegen zu verrennen.
Obwohl sich The Golden Circle sichtlich Mühe gibt, seine Charaktere besser auszuleuchten, gelingt dies nur auf Seiten der Kingsmen. Die Statesmen bleiben mit Champaign, Whiskey und Tequila fast schon banal blöd, da hilft auch keine Entschuldigung, dass es dem Comicrelief zuträglich sein soll. Einzig amerikanisches Merlin-Gegenstück Ginger Ale (Halle Berry) verleiht den amerikanischen Agenten rettenden Charme. Dafür dass die Statesmen so aufgeblasen daherkommen, geht ihnen doch zu schnell die Puste aus. Eigentlich schade, schaut man auf die Castingliste. Zumindest gelingt die gesunde Portion an Politkritik: So ist das Bild des US-amerikanischen Präsidenten mit knallroten Schlips und den immer laufenden FOX-News im Hintergrund (Bruce Greenwood) doch kaum vom aktuellen, realen Weltgeschehen zu trennen.
Anders als bei den Statesmen, ist die fortgeführte Charakterisierung der Kingsmen doch erstaunlich spannend und lohnenswert. Da so ziemlich jeder vom wichtigen Rückkehrer weiß, sei an dieser Stelle nur gesagt, dass die Begründung innerhalb der Diegese mit viel Liebe gestaltet wurde und nicht ansatzweise so platt inkludiert wurde, wie es hätte befürchtet werden können. Daher Kudos an die Macher, die dieser sehenswerten Nebenhandlung so viel Zeit eingeräumt haben, um die Charaktere voranzubringen. Allen voran auch Merlin (Mark Strong), der Techniknerd, der nun gezwungen wird, mit Eggsy gemeinsam die Kingsmen am Leben zu erhalten und dadurch auch gleich mehr zur Story selbst beitragen darf. Und nie wird sein voller Einsatz, mit voller Inbrunst „Country Roads“ zu singen, vergessen werden (können).
Kingsman: The Golden Circle bringt wie gewohnt viele originelle Ideen mit sich, verhaspelt sich jedoch gerade im narrativen Element. Statt wieder auf ein flottes Agentenabenteuer zu setzen, wird hier lediglich das Moment gefeiert. Für den Film im Hinblick auf den mutigen Vorgänger ist das nur bedingt hilfreich. Kurzweilig ist der Film dennoch und auch wenn vieles nicht mit The Secret Service mithalten kann, so lässt er sich dennoch mit ein paar guten Gags wegschauen.
6/10 Punkte
Kingsman: The Golden Circle
Jahr: 2017 US
Laufzeit: 141 Minuten
Regie: Matthew Vaughn | Drehbuch: (+) Jane Goldman (liter. Vorlage: Mark Millar, Dave Gibbons)
Kamera: George Richmond
Musik: Henry Jackman, Matthew Margeson
Cast:
Taron Egerton, Mark Strong, Hanna Alström, Julianne Moore, Tom Benedict Knight, Colin Firth, Michael Gambon, Sophie Cookson, Björn Granath, Lena Endre, Channing Tatum, Halle Berry, Elton John, Jeff Bridges, Pedro Pascal, Poppy Delevingne, Edward Holcroft, Calvin Demba, Thomas Turgoose
Bilder [©TM & © 2017 Twentieth Century Fox Film Corporation. All Rights Reserved.; Photo Credit (Header): Giles Keyte]
Ich verstehe immer noch nicht, wie es Matthew Vaughn schafft, trotz einer völlig abgedrehten, sinnfreien Geschichte dafür zu sorgen, dass ich als Zuschauer jedes Mal mitleide. Als ich KINGSMAN: THE SECRET SERVICE gesehen habe, war ich echt Tage damit beschäftigt, den Tod von Harry aka Galahad zu verarbeiten. Ich habe echt gelitten. Hier ging es mir wieder so und ich hoffe, dass sie daraus einen Running Gag machen. Dass quasi nur die Bösen sterben, dass die Guten aber mittels High-Tech-Gegenmittel irgendwie am Leben bleiben.
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Würde sich mit einer Figur ja durchaus anbieten. Wobei ich ja sagen muss, dass der Galahad-Handlungsstrang hier auch am besten funktioniert hat. Ging mir ähnlich wie dir. Fürchte aber, dass es nicht noch einmal funzen würde. Ging ja bereits hier schon beim zweiten Anlauf nicht mehr ganz so elegant von der Hand.
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