Marvel’s Jessica Jones – Staffel 2 (2018 US)

Ach herrje. Ich bin schon ziemlich enttäuscht. Nach der starken ersten Staffel, die dank Antagonist Kilgrave (David Tennant) für einen durchgehend hohen Puls gesorgt und die versoffene und isolierte Jessica Jones (Krysten Ritter) stets auf Trab gehalten hat, gleicht die zweite Staffel einem kleinen Trainwreck. Der Versuch, eine Origin-Story mit so viel Verantwortungsbewusstsein zu kreieren, geht mächtig schief.

Den Ansatz dieser Staffel mochte ich sehr: Wieder stehen die Figuren rund um Jessica Jones im Mittelpunkt. Sie, Radiomoderatorin Trish Walker (Rachael Taylor), Aushilfsdetektiv Malcolm Ducasse, kaltschnäuzige Anwältin Jeri Hogarth, sie alle bekommen ihren großzügigen Stück vom Kuchen in dieser Staffel ab. Aber zu selten werden diese vielen eigenen Geschichten auch zum Abschluss gebracht. Das hat mich unfassbar gewurmt, wie unrund zum Teil etwas erzählt und wie lieblos manche Storylines wieder verworfen oder trotz ihrer narrativen Konzentration so belanglos erschienen (ja, ich spreche zum Beispiel von Pryce, nur um einen kleinen Punkt zu nennen).

Wer hofft, in der zweiten Staffel wieder ein spannenden Katz und Maus-Spiel anzutreffen, der kann nur enttäuscht werden. Stattdessen wird eine langweilige Origin-Story geboten, die einfach unspektakulär ist. Ich war selten dazu verleitet, mitzufiebern, was es denn nun mit dem deklarierten Feind auf sich hat. Ja, der Twist mag vielleicht etwas unerwartet kommen, aber ab dem Moment verliert sich die Staffel in einer sich ständig widerholenden Endlosschleife, was alles andere als förderlich für die Empathie gegenüber der angeknacksten Heldin Jessica ist.

Gerne würde ich der Staffel zu Gute halten, dass sie sich um die Charakterentwicklung bemüht. Das tut sie in der Tat. Die Beziehung zwischen Jessica und Trish wird vertieft und auch die Vergangenheit wird – in einer kompletten Flashback-Episode – noch einmal gezeigt. Das Band zwischen dem vollkommen unterschiedlichen Duo ist stark, aber eben nicht untrennbar. Aber auch hier finden sich wieder klassische Storycluster, die sich immer und immer wieder wiederholen, was mich gerade in Hinblick auf die Entscheidungen von Trish (etwas weniger auch bei Jessica) ans Ende meines Nervenkostüms brachte. So gerne ich die verbal schlagfertige Moderatorin auch habe, hier wurde es mir dann doch zu belanglos, als dass ich ihr den Wunsch, so wie Jessica zu sein, noch ernsthaft abkaufen konnte. Dazu gesellten sich dann Entscheidungen, die ich nicht mehr nachvollziehen wollte. Ein ständiges Hin und her, wie etwa das On-Off-Berufsverhältnis von Jessica und Malcolm. Irgendwann ist die Geduld auch hier am Ende. Die Figuren überzeichnet und abseits der eigentlichen Intention.

Ohnehin ist das Tempo in dieser Staffel merkwürdig. Zu Beginn war noch ein kontinuierlicher Drive vorhanden, dessen Inszenierung gut zum erzählerischen Tempo passte. Zum Ende hin waren allein durch diesen Aspekt schon so viele Plotholes und nicht nachvollziehbare Charakterentscheidungen getroffen, die in einem Mordstempo und meist noch beiläufig abgehandelt wurden. Ein fader Beigeschmack blieb mir dahingehend besonders im Finale im Munde, als alles, worauf die Staffel hinarbeitete in gefühlten 20 Minuten zu einem Abschluss gebracht wurde. Es wirkte absolut nicht rund, zu vieles wurde auf Brechen und Biegen irgendwie behelfsmäßig zu einem Ende geführt, ohne überhaupt einen narrativen Drive beizubehalten.

Nach wie vor mag ich die versammelten Figuren in Jessica Jones sehr gerne. Auch die inneren Konflikte, die hier nach Staffel eins weiter fortgeführt werden, fand ich im Kern sehr sehenswert. Aber selten gefiel mir hier die erzählte Geschichte, die sich nicht nur ständig wiederholte, sondern zuweilen auch so zusammenhangslos aneinandergeheftet wurde. Zu oft ging mir beim Schauen durch den Kopf, wie ich das Drehbuch an der und der Stelle lieber in eine andere Richtung gelenkt hätte, als die zweite Staffel es letztlich tat. Vermutlich fehlte mir einfach nur die Konsequenz eines Gegenspielers, was diese Staffel wieder konsequent und mit gutem Spannungsbogen nach vorne gestemmt hätte, als sich so weit zu öffnen, um möglichst vielen Handlungssträngen gerecht zu werden. Für mich war das leider nichts.

5/10 Punkte

Marvel's-Jessica-Jones---Staffel-2-(2018-US)---PosterMarvel’s Jessica Jones – Staffel 2
Jahr: 2018 US
Idee: Melissa Rosenberg
Genre: Action, Mystery, Crime, Drama
Cast:
Krysten Ritter , Rachael Taylor, Eka Darville, David Tennant, Carrie-Anne Moss, Janet McTeer, J.R. Ramirez, Wil Traval, Leah Gibson, Rebecca De Mornay, Callum Keith Rennie

Bilder [© David Giesbrecht/Netflix]

4 Kommentare zu „Marvel’s Jessica Jones – Staffel 2 (2018 US)“

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