[Project-K 2018] Filmfestival-Resümee

Mich hatte es das Wochenende vom 26. – 28. Oktober nach Frankfurt am Main verschlagen, um der 7. Ausgabe des Project-K beizuwohnen – einem sehr kleinen Filmfestival, das sich ganz der südkoreanischen Kultur und dem Kino widmet. Nachfolgend werde ich kurze Eindrücke zu den gesehenen Filmen listen und abschließend etwas über das Festival selbst berichten.


The Spy Gone North

Der Eröffnungsfilm erzählt die unglaubliche Geschichte Parks (Hwang Jung-min), der als ehemaliger Militäroffizier in den 90ern zum Spion für Südkorea ausgebildet und unter dem Decknamen Black Venus als Geschäftsmann nach Nordkorea entsandt wird, um möglichst alles über das nordkoreanische Nuklearprogramm in Erfahrung zu bringen.

Natürlich ist hier einiges im Rahmen der filmischen Umsetzung fiktionalisiert und dramatisiert worden, dennoch verzichtet The Spy Gone North auf Action und setzt konsequent auf Dialoge, um diese Geschichte zu erzählen. Und doch gibt es einige Szenen, in denen einen der Film auf die Sitzkante schiebt und vor lauter Spannung nicht mehr zurücklässt. Ein bisschen billig wirken die zahlreichen Close-ups auf die Gesichter dabei ja schon, um auch ja das letzte Fünkchen Anspannung zu visualisieren, aber trotzdem ist der Gedanke daran, dass sich ein Mann so weit hinter feindliche Linien begibt, um Informationen zu beschaffen (und letztendlich auch versucht, im Rahmen seiner Tarnung Geschäfte abzuwickeln) beeindruckend und zieht das alles immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Doch wer glaubt dass nur Nordkorea in der Darstellung sein Fett wegbekommt, der irrt gewaltig. Auch Südkorea hatte in den 90ern stark mit seinem politischen Wandel zu kämpfen, der wirklich vielen konservativen in den oberen Positionen wenig zu gefallen wusste.

6-7 Punkte

The Spy Gone North - Poster
© CJ Entertainment America

The Spy Gone North [Gongjak; 공작]
Jahr: 2018 KR | Laufzeit: 137 Min
Regie: Yoon Jong-Bin | Drehbuch: (+) Kwon Sung-Whee
Kamera: Choi Chan-Min
Musik: Cho Young-wuk
Cast:
Hwang Jung-Min, Lee Sung-Min, Cho Jin-Woong, Ju Ji-Hoon, Park Sung-Woong, Lee Hyo-Ri


Burning

Es ist so verdammt schade. Ich hatte mich seit der Ankündigung von Burning unter Regie Lee Chang-dongs extrem gefreut. Die Besetzung, eine Murakami-Vorlage, alles hatte auf dem Blatt gestimmt. Und dann war es der unerwartet ätzendste Film seit langem. Ich hatte durchaus sehr viel Angst vor einem Flop, in Anbetracht der Hype-Welle, die der Film mit seinen Festivalauftritten generiert hatte. Jeder hat ihn gefeiert, jeder hält ihn für was großes. Und dann sitze ich da und denke mir, was für ein prätentiös langweiliges Gehabe dieser angedachte Suspense-Thrill doch ist. Ja, Steven Yeun steht der reiche Schnöselpsycho mit Permagrinsen im Gesicht ziemlich gut, aber selbst das wird auf Dauer unerträglich langweilig. Der Film schleppt sich in die Überlänge (als Vorlage dient Haruki Murakamis Kurzgeschichte Barn Burning), ohne seine Figuren nennhaft aufzubauen oder überhaupt zu entwickeln. Stattdessen sehen wir Durchschnittsburschen Jong-soo (Yoo Ah-in), wie er sich gedankenverloren auf seine alte Schulfreundin einen nach den anderen runterholt. Und irgendwie ist das alles, was es an Charakterisierung zu sehen gibt. Spätestens wenn man weiß, wie der Hase läuft, konnte ich nicht anders, als mir zu denken wie dämlich Jong-soo doch ist, wenn er diese ganzen Andeutungen nicht versteht. Dabei deckt sich der Wissensstand mit dem Jong-soos, was das ganze noch ärgerlicher macht.

Allerdings muss ich zugeben, dass mich das starke Ende doch etwas ins Wanken geraten lässt und mich noch etwas beschäftigt hat. Aber das bringt leider auch nicht viel, wenn der ganze Rest unerträglich langweilig aufgezogen ist.

4/10 Punkte

Burning---Poster
© Well Go USA Entertainment

Burning [Beoning; 버닝]
Jahr: 2018 KR | Laufzeit: 148 Minuten
Regie: Lee Chang-dong | Drehbuch: (+) Oh Jung-Mi (liter. Vorlage: Haruki Murakami)
Kamera: Hong Kyung-Pyo
Musik: Mowg
Cast:
Yoo Ah-In, Steven Yeun, Jun Jong-Seo


Dark Figure of Crime

Nach der Pleite von Burning war ich doch ganz froh, einen Film mit „du musst ihn einfach mögen“- Kim Yoon-seok. Zumindest solide waren die Erwartungen, die dieses – auf wahren Begebenheiten beruhende – Katz- und Mausspiel dann auch völlig erfüllte. Dark Figure of Crime punktet allen voran mit der Besetzung Kim Yoon-seoks als Detective Kim und Ju Ji-hoon als skrupelloser Killer Kang, der sein durchkalkuliertes Spiel mit dem Rechtsstaat Südkoreas treibt. Beide Seiten präsentieren ein Charisma, dem man sich nur schwer entziehen kann. Wenn sie sich gegenseitig den Ball zuwerfen und auf die Aktionen und Reaktionen des jeweils anderen penibelst genau achtgeben müssen (trotz seiner Taten will Kang nicht hinter Gittern verrotten, während Kim vom Strafrecht bereits massiv eingeschränkt wurde und dennoch juristisches Recht geltend machen möchte – ganz im Opfer der Sinne, die sonst keine Gerechtigkeit erfahren würden), dann entfaltet sich eine vorzügliche Schnitzeljagd die von ihren Hauptfiguren getragen wird. Die Musik ist dabei ein schöner Bonus, die mit bestimmender Hand, aber selten zu aufdringlich ihre Arbeit verrichtet.

Dass der Fall auf wahren Begebenheiten beruht und in den Texttafeln am Schluss nochmal aufgegriffen wird, sorgte zumindest bei mir nach dem Sehen für das Verlangen, frische Luft schnappen zu müssen. Der ging doch recht unterschwellig an die Nieren, was man im erst im Nachhinein so richtig wahrnimmt. Für mich das persönliche Highlight des Festivals.

8/10 Punkte

Dark-Figure-of-Crime---Poster
© Showbox

Dark Figure of Crime [Amsusalin; 암수살인]
Jahr: 2018 KR | Laufzeit: 112 Minuten
Regie: Kim Tae-Gyun | Drehbuch: (+) Kwak Kyung-Taek
Kamera: Hwang Ki-Seok
Musik:
Cast:
Kim Yun-Seok, Ju Ji-Hoon, Moon Jeong-Hee, Jin Seon-Kyu, Lee Bong-Ryun, Kim Jong-Soo, Bae Hye-Sun, Joo Jin-Mo


Seven Years of Night

Ein extrem nihilistischer Revenge-Thriller, der mit Kindesmissbrauch beginnt und sich dann noch steigert. Seven Years of Night ist wirklich nichts für schwache Nerven, auch wenn der Schmerz weitgehend psychisch denn physisch in Szene gesetzt wird. Leider war mir diese Auge um Auge-Geschichte zu konstruiert und mit seinen verschachtelten Rückblenden unnötig kompliziert aufgezogen. Hier wäre weniger künstlerischer Anspruch mehr gewesen.

Ein weiteres Problem ist, dass so gut wie keine der Hauptfiguren Empathie erzeugen kann, was in Anbetracht des Genres ein absolutes No-Go ist. Hier gibt es bloß die Wahl zwischen schlechten und noch schlechteren Menschen, wobei die schlechten Menschen hier so dermaßen mit Backstorywounds vollgestopft werden, dass wir auch hier wieder bei der viel zu offensichtlich konstruierten Prämisse ankommen, die wiederum keinerlei Einfühlung ermöglicht.

5/10 Punkte

Seven Years of Night - Poster
© CJ Entertainment

Seven Years of Night [7Nyeonui Bam; 7년의 밤]
Jahr: 2018 KR | Laufzeit: 123 Minuten
Regie: Choo Chang-Min| Drehbuch: (+) Kim Yoo-Pyung, Lee Yong-Yeon  (liter. Vorlage: Jung Yoo-Jung)
Kamera: Ha Kyung-Ho
Musik: Koo Ja-wan
Cast:
Jang Dong-Gun, Ryoo Seung-Ryong, Song Sae-Byeok, Ko Gyung-Pyo, Lee Re, Tang Joon-Sang, Moon Jeong-Hee


Believer

Ein stark stilisiertes und häufig over-the-top inszeniertes Drug War-Remake, das etwas unentschlossen zwischen lakonischer (fast schon comichafter) und knüppelharter Gangart wechselt. Das Undercoverspiel macht durchaus Spaß zu verfolgen, auch wenn einem das Lachen an mancher Stelle im Halse steckenbleibt. Believer ist vielleicht nicht herausragend, ist aber dynamisch und frisch und verfügt über feine Momente der Anspannung – die allerdings erst dann zur Geltung kommen, wenn beide Seiten des Undercoverjobs in den Dialog miteinander treten. Ansonsten ist er leider etwas substanzlos, über das auch das laissez-faire Drehbuch nicht ganz hinwegtäuschen kann.

Ryu Jun-yeol als Rak muss ich in Zukunft übrigens im Auge behalten. Als stoischer junger Herr hat er die alteingesessenen Schauspielveteranen Cho Jin-woong, Cha Seung-won und (den leider viel zu früh verstorbenen) Kim Joo-hyuk mit seiner Rolle hinter sich gelassen.

7,5/10 Punkte

Believer---Poster
© Well Go USA Entertainment

Believer [Dokjeon; 독전]
Jahr: 2018 KR | Laufzeit: 123 Minuten
Regie: Lee Hae-Young | Drehbuch: (+) Jung Seo-Kyoung
Kamera: Kim Tae-Kyung
Musik:
Cast:
Cho Jin-Woong, Ryoo Joon-Yeol, Cha Seung-Won, Kim Ju-Hyeok, Jin Seo-Yeon, Park Hae-Joon, Kim Sung-Ryoung, Kim Dong-Young, Lee Joo-Young, Seo Hyun-Woo, Kang Seung-Hyun, Jung Joon-Won

 


Das Festival an sich

Project-K ist ein sehr kleines Filmfestival, das von ehrenamtlichen Helfern – viele von ihnen studieren Korean Studies an der Frankfurter Goethe-Universität – gestemmt wird. Die nunmehr siebte Ausgabe fand erneut im Cinestar Metropolis statt, und beschränkte sich auf ein knappes Dutzend Filme, die über drei Tage verteilt in zwei Kinosälen aufgeführt werden. Das Festival selbst erstreckte sich über eine halbe Etage des Kinos und bot dort einige koreanische Leckereien, sowie einen Mini-Merchstand, an denen sich ein paar Goodies kaufen ließen. Es gab einen Stand, an dem man traditionelle koreanische Kleidung anprobieren und sich damit fotografieren lassen konnte, sowie drei Tische, an denen sonstige kleinere kulturelle Aktivitäten, wie etwa Basteleien, Spiele und eine Fire Noodle-Challenge. Den K-Pop-Contest habe ich nicht besucht, kann daher nichts dazu schreiben. Dafür hallten in der Kinolobby eine Menge K-Pop Songs. Das hat schon völlig ausgereicht. ;)

Gefördert wird das Festival u.a. vom koreanischen Generalkonsulat in Frankfurt, der Stadt Frankfurt selbst und dem Korean Film Council. Allerdings merkt man der ganzen Veranstaltung einen sehr lockeren Umgang an, der das ganze mehr als Kinoveranstaltung denn alles andere gestaltet. Der koreanische Generalkonsul durfte neben dem Veranstaltungsteam das Festival eröffnen und betonte dabei den hohen Stellenwert, den das Kino in Südkorea genießt. Was sich durchaus auch in der gut sortierten Filmauswahl wiederspiegelte. Die restlichen Anmoderationen zu den Filmen hätte man sich allerdings auch sparen können, die waren ein bisschen lieblos dahingesprochen und beliefen sich auf „viel Spaß beim Film“. Nett war allerdings das kleine Schmankerl vor Believer (und vermutlich auch My Little Forest), in welchem Darsteller Ryu Jun-yeol uns nochmal viel Spaß wünschte.

Ansonsten gab es lediglich eine Sache, die für sehr viel Frust im Publikum sorgte. Die Filme fingen allesamt sehr pünktlich an, aber locker 20 Minuten nach Filmbeginn strömten noch immer zahlreiche Zuspätkommer in den Saal. Und wenn es dann noch zu Missverständnissen bei der Platzsuche kam, dann waren einige Untertitel nicht mehr lesbar, weil die Leute von links nach rechts und wieder zurück und wieder(!) zurück liefen oder sich aus Protest einfach mal auf die Rückenlehne des Vordermanns setzten, um auf ihren Platz zu bestehen. Zu Recht natürlich, aber… man brauchte schon etwas Toleranz…

Zu guter Letzt war ich überhaupt froh, in diesem Jahr rechtzeitig an das Festival gedacht zu haben, nachdem ich aufgrund der extrem kurzfristigen Ankündigungen in den letzten beiden Jahren immer erst hinterher davon erfahren hatte. Wer also mal Lust hat, ein paar ausgewählte und aktuelle Filme des südkoreanischen Kinos zu sehen, der sollte sich im Oktober ein Wochenende freihalten und in Erwägung ziehen, Frankfurt einen Besuch abzustatten. Denn dafür lohnt es sich allemal, auch wenn das Rahmenprogramm überschaubar ist.

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