[Serie] Jyu Oh Sei – Planet of the Beast King (2006 JP)

Wooohohoo! Manchmal braucht es richtig viel Glück, um eine Perle zu finden, bei der von vorn bis hinten alles passt, obwohl der erste Eindruck noch etwas anderes vorgibt. Beim durchstöbern der Reviewsektion auf My Anime List fiel der Blick auf den nichtssagenden Titel Jyu Oh Sei – Planet of the Beast King. Keine Ahnung warum, aber die Silben ließen mich an einen koreanischen Anime denken, weswegen das Interesse sofort geweckt war. Die lesenswerte Review mit satter Punktevergabe ebenso. Beim Blick aufs Cover folgte dann jedoch kurzfristig Ernüchterung: Das kann ja nur trashig werden, wenn da ein platinblonder Bursche mit Kette und Schwert in der Hand auf dem Cover posiert… Aber gut, einen Blick kann man durchaus riskieren. Und wow, ich bin noch immer ziemlich entzückt, aber auch mitgenommen von diesem Sci-Fi-Survival-Drama-Mix, der einer emotionalen Achterbahnfahrt gleichkommt.

Handlung

Die Brüder Thor und Rai Klein wissen nicht recht wie ihnen geschieht, als sie vom Militärpersonal in eine Raumkapsel gesteckt und auf den Planeten Chimaera befördert werden. Ihre Eltern wurden kurz zuvor auf der heimischen Raumstation Hecate ermordet und ohne jegliche Information müssen sie sich fortan auf dem wild bewachsenen Planeten zurechtfinden. Tödliche Pflanzen und andere Naturgewalten machen es nicht nur den beiden Kindern, sondern auch den dort lebenden Stämmen schwer zu überleben. Willkommen geheißen werden die Brüder dort von Zagi, dem Top eines abtrünnigen Stammes, ehe dann Third, der Dritte des Ochre-Stammes auf den Plan tritt. Für Thor zählt jedoch nur noch eines: Er will den Grund für die Ermordung seiner Eltern erfahren und setzt nun alles daran, diesen unwirtlichen Planeten wieder zu verlassen. Kann er sich auf Third verlassen?

Die Serie

Jyu Oh Sei beruht auf dem gleichnamigen Manga der Autorin Natsumi Itsuki und umfasst 3 (eng), respektive 5 (jp) Bände. Da diese hierzulande leider nur sehr schwer zu einem fairen Preis aufzutreiben sind, wird an dieser Stelle auf einen Vergleich verzichtet. Vielleicht folgt dieser, wenn mir ein gutes Exemplar im Internet begegnet.

Jedenfalls, weiter im Text. Jyu Oh Sei, oder im deutschen auch Planet of the Beast King genannt, ist ein extrem gut gepaceter und elf Episoden umfassender Anime, welcher ein irres Genrepotpourri bietet. Die Kontraste, ein hochentwickeltes Spaceszenario trifft auf die fast schon urzeitmäßige Vegetation Chimaeras, in der vier Stämme ums Überleben, und ihre Anführer, die so genannten Tops um den herrschenden Titel des  Beast Kings kämpfen. Ihnen zur Seite stehen für gewöhnlich die Seconds und Thirds, die in der jeweiligen Rangfolge stellvertretende Aufgaben der Tops übernehmen. Im Grunde kann jeder Bewohner des Planeten um den Titel des Beast Kings kämpfen, doch dazu muss er zunächst sämtliche Tops der Stämme in einem Try besiegen. Mit Sicherheit keine leichte Aufgabe, vor der sich jedoch Thor sieht. Um den Mord an seinen Eltern aufzuklären, sehnt er sich nichts eher herbei, als der Beast King zu werden. Denn jedem Beast King steht die Möglichkeit offen, nach Hecate zurückzukehren.

Dadurch dass sich die erzählte Geschichte über mehrere Jahre erstreckt und die Handlung mit ihren knapp bemessenen elf Episoden ein extrem hohes Tempo vorlegen muss, verzichtet die Adaption auf Ballast. Das Worldbuilding beschränkt sich daher auf eine handvoll Szenarien, welche sich wiederum nur darauf konzentrieren, wie harsch die Bedingungen auf Chimeara sind. In vereinzelten Folgen werden diese auch mit mehr Details versehen, bleiben dabei jedoch funktional und dienen mehr als plotdevice, um die Geschichte voranzutreiben. Auch die komplexe Handlung selbst fokussiert sich lieber auf wenige wichtige Nebencharaktere, denen auf diese Weise zumindest eine angemessene Tiefe verliehen wird und welche mit ausdrucksstarken oder gar fragwürdigen Motiven für Verzückung sorgen.
Und diese haben es in sich. Bereits in der zweiten Episode beweist Jyu Oh Sei den Mut, sich gängigen Konventionen zu erwehren und unter Beweis zu stellen, dass der Planet of the Beast King den Willen und die Fähigkeiten zum Überleben erfordert. Thor und Rai lernen auf grausame Weise die vorherrschenden Regeln ihrer neuen Heimat kennen und müssen sich den harten Gesetzen fügen, wenn sie Schutz bei einem der Stämme finden wollen. Hier findet sich das große Plus der Serie. Die Charaktere wirken menschlich, Thor beispielsweise als kleiner Junge agiert völlig naiv und verängstigt, aber auch wissend, dass er den Tops alleine nicht das Wasser reichen kann. Third, der sich an seine Seite stellt und so gefühlt die Rolle des großen Bruders einnimmt, aber immer für Zweifel sorgt, was seine Motive sind, oder Tiz, die alles für Thor opfert, nur um an seiner Seite als Second zu dienen. Es ist ein herrliches Spiel mit dem Vertrauen und der Leichtgläubigkeit, aber auch der Loyalität und des Willens, die gesteckten Ziele zu erreichen. Alles das gestaltet die Serie so komplex, dass sie zu einer wahren Perle des Anime wird.

Trotz eines klug gewählten Zeitsprungs der Handlung, der gute fünf Jahre umfasst, bleibt jedoch das Gefühl über, dass dem ganzen eine Ausweitung auf 24 Episoden sehr viel profitabler gestaltet hätte, als die knapp bemessenen elf. Der Stoff hat so viel Fleisch auf den Rippen, dass der Anime in seiner kurzen Zeit auf so viele spannende Ausführungen verzichten muss und der einzig nennenswerte Makel der Serie bleibt. Gerade für die emotionalen Momente und die darauf folgenden Veränderungen in den Denkweisen der Protagonisten hätte mehr Spielraum sichtlich gut getan, um heftige Umbrüche stufenweise sanfter zu gestalten. So rast der Anime an manchen Stellen schier davon und wirkt in der Folge hektisch.

Dennoch muss gesagt werden, dass sich Jyu Oh Sei sehr um eine ausgewogene Erzählstruktur bemüht. Sobald die Spannung allmählich anzieht und der Zuschauer erfährt, was alles hinter dieser Tragödie steckt, entwickeln das Erzähltempo und die emotionale Komponente eine Symbiose, die exakt aufeinander abgestimmt ist. Zuweilen liegt der Gedanke an Serienkaliber wie Game of Thrones nicht fern, wenn Intrigen gesponnen und Feinde aus dem Weg geschafft werden. Kaum erholt man sich vom ersten Schlag, folgt schon der nächste, der noch tiefer in der Magengrube landet und seine Wirkung nicht verfehlt. Director Hiroshi Nishikiori und sein Team von Studio Bones holen das Maximum an Möglichkeiten heraus und präsentieren eine – für diese Umstände – angemessene Umsetzung der Vorlage, die eine Geschichte voller Tragik schnörkellos erzählt.

Das Handwerkliche

Für die Umsetzung zeigt sich das renommierte Studio BONES verantwortlich, welches ein Jahr später für Darker Than BLACK die Animationen beisteuerte und dort für Entzückung sorgte. Herausstechend hier ist das fantastische Charakterdesign, bei dem alles bedacht wurde. So werden beispielsweise Hautfarbe oder Outfits dem jeweiligen Setting (Chimaera oder Weltraum) angepasst, um ihren Bedeutungen nachzukommen. Die Charaktere selbst sind ebenso eindrücklich und ausdrucksstark gezeichnet, was leicht für Empathien sorgt. Animationstechnisch wird es jedoch nicht ganz so sauber. Es werden in den Dialogsequenzen häufige Freezeframes verwendet und die Bewegungsabläufe können nicht an den Standard, den BONES ein Jahr später bei Darker Than BLACK etablierte, anknüpfen. So fallen manche Bewegungen geringfügig unsauberer aus, dennoch stört dies kaum. Die kargen Hintergrundzeichnungen passen sich dem Stil der Serie an und wirken nüchtern, die Raumschiffe hingegen so dermaßen retro, dass sie genauso gut einer 80er Jahre OVA entsprungen sein könnten…
Wenn ich jedoch bedenke, wie abgeschreckt ich zunächst vom Cover war, so muss ich doch zugeben, dass mich der Stil letzten Endes umgedreht hat. Schlicht und ergreifend weil die meisten Elemente innerhalb des Anime ihrem Zweck dienen. Touché!
Auch der Soundtrack von Hajime Mizoguchi (Jin Roh – Die Wolfsbrigade, Texhnolyze) birgt einige Schmankerl, auch wenn ich zum Bedauern schreiben muss, dass abgesehen vom wunderschönen melancholischen Maintheme Who am I (die Hörprobe bietet einen kleinen Ausschnitt) kaum ein Stück innerhalb der Serie wirklich heraussticht und erst beim alleinigen Hören ebendessen auffällt, wie stimmungsgeladen und vielfältig dieser doch ist. Aber gut, das Maintheme fällt ohnehin sehr dominant aus, da verwundert es kaum, dass der restliche Soundtrack hinten anstehen muss.

Die deutsche Synchronisation fällt nett aus, die englische hingegen etwas hochwertiger. Dennoch lege ich jedem noch so großen O-Ton-Muffel die japanische Sprachversion ans Herz. Allein Thirds Seiyū Shun Oguri (Rainbow: Nisha Rokubou no Shichinin) legt so viel Empathie in seine Sprechrolle, dass mir das Herz schmolz. Schade dass er gar nicht so viele Rollen als Synchronsprecher aufweist, zeigt er doch ein großes Talent mit höchst  hörenswerter Stimme. Auch die anderen Sprecher gefallen und sind den Synchronversionen deutlich vorzuziehen.jyu-oh-sei-planet-of-the-beast-king-third3
Da ich mir die Serie für kleines Geld aus Großbritannien importiert habe, kann ich diese DVD-Box auch relativ empfehlen, solange Extras unwichtig sind. Die Gesamtausgabe von Funimation kommt ohne diese mit nur 2 DVDs für elf Episoden aus. Dabei ist anzumerken, dass die japanische Tonspur nur Dolby Digital 2.0 Stereo bietet (die englische immerhin Dolby Digital 5.1) und daher etwas dumpf klingt. Die deutsche Variante wiederum bietet für beide Sprachausgaben Dolby Digital 5.1.

Fazit

Jyu Oh Sei – Planet of the Beast King bietet eine gefühlvoll inszenierte, rasante Unterhaltung und überrascht mit gut gesetzten Plottwists, sowie einer stringenten Handlung. Animalisch geht es in diesem Anime zwar zu, dennoch steht die Menschlichkeit an oberster Stelle. Und dabei offenbart die Serie ihre größte Stärke: Ihre Charaktere und wie sie in einer unwirklichen Welt überleben müssen.

10*/10 Punkte

jyu-oh-sei-planet-of-the-beast-king-coverJyu Oh Sei – Planet of the Beast King [獣王星]
Jahr: 2006 JP
Genre: Action, Adventure, Drama, Mystery, Sci-Fi, Shoujo
Studio: BONES
Regie: Hiroshi Nishikiori
Drehbuch: Natsuko Takahashi, Michihiro Tsuchiya, Reiko Yoshida
Musik: Hajime Mizoguchi
Opening: „Deep In Your Heart“ – Koichi Domoto
Sprecher:
Thor Klein – Minami Takayama [jung] – Kouichi Doumotot
Tiz – Nana Mizuki
Third – Shun Oguri
Rai Klein – Minami Takayama
Zagi – Kazuya  Nakai
Chen – Rica Fukami
Rada – Akimitsu Takase
Kevin – Kiyotaka Furushima
Top – Seiji Sasaki
Korin – Shouzou Iizukay
Yuuki – Tomoyuki Shimura
Professor Loki – Hisao Egawa
Odin – Kinryuu Arimoto

Bilder [© Funimation]

8 Kommentare zu „[Serie] Jyu Oh Sei – Planet of the Beast King (2006 JP)“

      1. Erst mal muss der auf den Stapel drauf, und da muss er noch ne Weile warten, Weihnachten steht vor der Tür und Leute wollen beschenkt werden. *räusper*
        Aber ich werd nach Möglichkeit danach schauen, ja. :)

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